Philemon – Paulus Bitte an einen Freund wegen eines Sklaven
„Dies ist ein bemerkenswerter Brief, voller Würde; jedes Wort hat Gewicht, jede Silbe Substanz. Von einem elenden Thema, dem Aufnehmen eines davongelaufenen Dieners, steigt der heilige Paulus wie ein himmlischer Adler empor zu den Höhen eines himmlischen Diskurses.“ (John Trapp)
A. Begrüßung und Einleitung
1. (1) Der Schreiber und der Empfänger
Paulus, ein Gefangener Christi Jesu, und Timotheus unser Bruder, an Philemon unseren geliebten Freund und Mitarbeiter.
a. Paulus, ein Gefangener: Dieser kurze Brief wurde von Paulus während seiner römischen Gefangenschaft geschrieben, welche in Apostelgeschichte 28,30-31 beschrieben ist. Es gibt einige die glauben, dass er ihn in der Zeit seiner Gefangenschaft in Ephesus schrieb, aber das ist eine unwahrscheinliche Möglichkeit.
b. Ein Gefangener Christi Jesu: Wie immer sieht sich Paulus nicht als Gefangener Roms, nicht als Gefangener seiner Umstände noch der religiösen Leiter, die seine Schwierigkeiten verursachten (Apostelgeschichte 23-24). Paulus war ein Gefangener Christi Jesu.
i. „Es waren keine Fesseln, die das Selbst geschmiedet hatten, sondern eine Kette mit der Christus ihn geschmückt hatte, so war sie ein Amtsabzeichen.“ (Lightfoot zitiert von Oesterley)
c. An Philemon, unseren geliebten Freund: Paulus schrieb an Philemon, einen christlichen Bruder, der in Kolossä lebte. Dies ist der einzige Ort im neuen Testament an dem Philemon mit Namen genannt wird, aber wir wissen, dass er ein geliebter Freund für Paulus war.
i. Die Freundschaft des Paulus mit Philemon wird an einer signifikanten Auslassung im Gruß deutlich. Von den 13 Briefen die Paulus an Gemeinden oder Einzelpersonen geschrieben hat, bezeichnet er sich in 9 von ihnen als Apostel im Anfangsvers. In diesem Brief (wie auch in Philliper und 1. und 2. Thessalonicher) spricht Paulus seinen Leser mehr als Freund und weniger als Apostel an.
2. (2-3) Grüße an den Haushalt Philemons
Der geliebten Aphia, Archippus, unserem Mitstreiter und der Gemeinde in deinem Haus. Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus.
a. Der geliebten Aphia: Aphia war wahrscheinlich die Ehefrau von Philemon, und Archippus war vermutlich sein Sohn. Diese Anrede an Familienmitglieder ist einzigartig in den Briefen des Paulus, ergibt aber einen Sinn wenn man den Inhalt des Philemonbriefes bedenkt. In diesem Brief wird Paulus an Philemon eine Bitte richten betreffs eines entflohenen Sklaven, der Jesus begegnet ist und nun bei Paulus Zuflucht gefunden hat. Nach den Gepflogenheiten der damaligen Zeit war Philemons Frau Aphia verantwortlich für die Aufsicht der Sklaven im Haushalt, so dass der Brief auch sie betraf.
i. Bettreffend des entflohenen Sklaven: „Sie ist genau so Beteiligte der Entscheidung wie ihr Ehemann, da gemäß den Gebräuchen dieser Zeit sie die tag-tägliche Verantwortung für die Sklaven hatte.“ (Rupprecht)
b. der Gemeinde in deinem Haus: Dies bedeutet, dass die Gemeinde – oder ein Teil der Gemeinde – in Kolossä sich im Haus des Philemon versammelte. Die frühesten Christen hatten kein Eigentum für Kirchengebäude. Die Juden hatten ihre Synagogen, aber Christen trafen sich in den Wohnungen ihrer Mitglieder. Die Christen einer Stadt versammelten sich in verschiedenen „Hauskirchen“ mit einem „Stadtbischof“, der die verschiedenen Hauskirchen beaufsichtigte. Hausgemeinden werden auch in Römer 16,5 und Kolosser 4,15 erwähnt.
i. „Bis ins dritte Jahrhundert hinein haben wir keinen sicheren Beweis für die Existenz von Kirchengebäuden mit dem Zweck der Anbetung; alle Hinweise deuten hierfür auf Privatwohnungen hin. In Rom erscheinen einige der ältesten Kirchen auf den Grundfesten von Häusern erbaut, welche zur christlichen Anbetung verwendet wurden.“ (Oesterley)
ii. Spurgeon stellt heraus, dass Philemon offensichtlich eine Gemeinde hatte, die sich in seinem Haus traf. Dies legt Gläubigen nahe, dass ihr Zuhause auch eine Gemeinde sein sollte und dass jedes Zuhause die Charakteristiken einer gesunden Gemeinde haben kann:
· Bestehend aus bekehrten, erretteten Menschen
· Gemeinsam Anbetend
· Die gemeinsam ein Band der Einheit verbindet
· Mit Aufsicht versorgt
· Lehre kontinuierlich da
· Mit einem Herz Menschen außerhalb zu dienen
c. Gnade euch und Friede: Paulus gab seinen gebräuchlichen Gruß von Gnade und Friede, welcher in jedem seiner Briefe Verwendung findet. Dieser Gruß war allerdings nicht an eine gesamte Kongregation gerichtet, sondern an Philemon als Einzelperson. Dies macht diesem Brief einzigartig unter den Schriften des Paulus.
i. Die anderen Pastoralbriefe (1. und 2. Timotheus und Titus) sind auch zuerst zu Einzelpersonen geschrieben. Doch der Charakter ihres Inhalts legt den Schluss nahe, dass sie dazu gedacht waren mit der gesamten Kongregation geteilt zu werden. Philemon ist wirklich als eine persönliche Notiz von Paulus an einen einzigen Mann geschrieben.
ii. „Es ist nur ein Beispiel von zahllosen Briefen, welche von dem heiligen Paulus zu seinen vielen Freunden und Jüngern geschrieben worden sein müssen gemäß seines eifrigen Temperaments und der warmen Zuneigung im Laufe eines langen und ereignisreichen Lebens.“ (Lightfoot)
3. (4-7) Paulus dankt Gott für Philemon
Ich danke meinem Gott, bei jeder Erwähnung von euch in meinen Gebeten, da ich von Deiner Liebe und dem Glauben gehört habe, den Du zu dem Herrn Jesus und allen Heiligen hast, dass die Teilnahme deines Glaubens effektiv werde durch die Anerkennung jeder guten Sache, die in Dir ist in Christus Jesus. Denn wir haben große Freude und Trost in eurer Liebe, weil die Herzen der Heiligen durch dich erquickt wurden Bruder.
a. Ich danke meinem Gott, bei jeder Erwähnung von euch in meinen Gebeten: Paulus betete oft für Philemon, und er sagte Gott Dank. Philemon war so ein Segen, dass Paulus oft und mit dankbarem Herzen für ihn betete.
i. Paulus sagt in seinen Briefen viermal, dass er Menschen im Gebet erwähnt: den Römern (Römer 1,9), den Ephesern (Epheser 1,16), den Thessalonichern (1. Thessalonicher 1,2) und hier in Philemon 4.
ii. Erwähnen bedeutet, dass Paulus nicht immer lange aufwendige Gebete für Philemon sprach, aber er erwähnte Philemon oft in seinen Gebeten.
b. Da ich von deiner Liebe und deinem Glauben gehört habe: Paulus dankte Gott für Philemon wegen seines Glaubens und seiner Liebe – zuerst in Bezug auf Jesus und dann in Bezug auf alleHeiligen. Das Wort „Heilige“ beschreibt im Neuen Testament jeden echten Christen, nicht nur einige wenige außergewöhnliche Christen.
c. Dass die Teilhabe des Glaubens: Paulus betete für Philemon mit dem Verlangen, dass das Mitteilen seines Glaubens effektiv werden würde, so wie Philemon das Werk welches Gott in ihm tat verstand (jedes Gute dass in dir ist).
i. Dies ist das Fundament von jeder effektiven Evangelisation: Der Überfluss eines Lebens, welches von Gott berührt und verändert wurde. Gott hatte jede gute Sache im Leben des Philemon getan. Jetzt war es eine Frage dass es anerkannt wurde, sowohl von Philemon als auch denen mit denen er seinen Glauben teilte. Wenn diese guten Dinge verstanden würden, würden andere zu Jesus kommen. Der Grund warum manches Mitteilen des Glaubensnicht effektiv ist, ist weil wir nichtjede gute Sachewissen oder nicht kommunizieren können, die Gott für uns getan hat.
ii. Das Mitteilen eures Glaubens: Es ist möglich, dass Paulus das Mitteilen von materiellen Gütern meint, hervorgerufen durch denGlauben. Das altgriechische Wort für Mitteilenist koinonia, und manchmal verwendete Paulus das Wort koinonia, welches „Gemeinschaft, Teilen“ bedeutet um Geben zu beschreiben (2. Korinther 8,4; 9,13; Römer 15,6).
iii. „Der Apostel spricht hier von den Werken der Nächstenliebe gegenüber armen Christen in welchen Philemon reich war.“ (Clarke)
d.Weil die Herzen der Heiligen durch dich erquickt wurden, Bruder: Paulus erinnert sich wie wunderbar sich Philemon um die Bedürfnisse anderer Christen gekümmert hatte. Auf effektive Weise erfrischteerdie Herzen anderer.
B. Paulus Bitte für Onesimus
1. (8-11) Paulus spricht zu Philemon über Onesimus
Darum, obwohl ich sehr mutig sein könnte in Christus Dir zu befehlen, was recht ist, doch um der Liebe willen bitte ich dich, Paulus, der Alte, jetzt aber auch ein Gefangener Christi Jesu, ich bitte dich für meinen Sohn Onesimus, den ich gezeugt habe in meinen Ketten, der dir einst unnütz war, aber jetzt dir und mir nützlich ist.
a. Darum, obwohl ich sehr mutig sein könnte in Christus Dir zu befehlen, was recht ist, doch um der Liebe willen bitte ich dich: Es ist klar, dass Paulus Philemon um einen Gefallen bitten wird. Statt, dass er einen Befehlerteilt, bittet er es um der Liebe willen zu tun. Natürlich macht Paulus indirekt deutlich, dass er das Recht hätte zu befehlen was Recht ist– doch stattdessen bittet er in Liebe.
i. Eine Bitte in Liebe ist oft besser als ein strenger Befehl. Paulus zögerte nicht zu befehlen, wenn die Situation es erforderte (1. Korinther 5,4-5), aber der Weisheit entsprechend wusste er wann es wichtig war in Liebe zu bitten.
b. Paulus, der Alte, jetzt aber auch ein Gefangener Christi Jesu: Es war klar, dass Paulus Philemon um einen Gefallen bitten würde. Vor der Bitte möchte er Philemon zur Anteilnahme bewegen dadurch wie er sich (Paulus, derAlte) und seine Umstände (ein Gefangener) beschreibt.
i. Da Paulus seine Bitte aufgrund von Liebe ausrichtet, tut er was er kann um Philemons liebende Anteilnahme aufzuwecken. „Philemon, bevor ich Dir sage, was ich von Dir brauche, erinnere Dich, dass ich ein alter Mann bin und ein Gefangener.“
ii. Einige Übersetzungen haben Botschafter, statt der Alte. Die altgriechischen Wörter unterscheiden sich in einem Buchstaben.
c. Ich bitte Dich für meinen Sohn Onesimus:Onesimus war ein entflohener Sklave, der von seinem Herrn Philemon geflüchtet war. Es scheint, dass als Onesimusflüchtete, er nach Rom entkam und – ob gewollt oder nicht – sich mit Paulus traf. Paulus, obwohl er unter römischem Hausarrest stand, führte Onesimus zum Glauben an Jesus Christus (den ich in meinen Fesseln gezeugt habe).
i. Es war logisch, dass Onesimus nach Rom floh, der größten Stadt im römischen Weltreich. Lightfoot sagt: „Rom war die natürliche Absteige für diesen Abschaum der Gesellschaft.“ Aber Onesimus traf, an seiner unter Vorsehung stehenden Begegnung mit Paulus in Rom, den Mann, der seinen Herrn Philemon zum Glauben an Jesus führte (Philemon 19).
ii. Bei der Bitte des Paulus für Onesimus folgt Paulus den althergebrachten Traditionen römischer Kultur. Es gab ein altes griechisches Gesetz (welches von den Römern übernommen wurde), welches es erlaubte, dass ein entflohener Sklave bei einem Altar Asyl suchen konnte. Der Altar konnte selbst der Herd einer privaten Familienwohnung sein; dann war das Haupt der Familie verpflichtet dem Sklaven Schutz zu gewähren. Unterdessen versuchte er ihn zu überzeugen zu seinem Herrn zurückzukehren. Wenn der Sklave sich weigerte würde der Herr den Sklaven auf einer Auktion zum Kauf anbieten und den Verkaufspreis des Sklaven an den ehemaligen Herrn schicken. Paulus gewährte Onesimus Schutz, und kümmerte sich nun um die Lösung des Sachverhaltes mit Philemon.
d. Mein Sohn Onesimus: Paulus sprach oft von seinen Bekehrten als seinen „Kindern“. Timotheus (1.Korinther 4,17), Titus (Titus 1,4), die Christen in Korinth (1.Korinther 4,14) und die Christen in Galatien (Galater 4,19) werden alle Paulus „Kinder“ genannt.
e. Der dir einst unnütz war, jetzt aber dir und mir nützlich ist: In irgendeiner Art und Weise wurde Onesimus für Paulus nützlich. Vielleicht diente er Paulus als Assistent während seines Hausarrestes. So war Philemons entlaufender Sklave Onesimus jetzt unnütz für Philemon, da er entflohen war. Aber er war nützlich für Paulus geworden – und dadurch auch für Philemon (dir und mir nützlich ist). Da Philemon Paulus liebte, half Onesimus auch Philemon indem er Paulus half.
i. Als Paulus von Onesimus als nützlichund unnützsprach, gebrauchte er ein Wortspiel. Der NameOnesimus bedeutet nützlich. Jetzt da er ein Christ war, konnte Onesimus seinem Namen gerecht werden.
ii. „Es ist von Bedeutung, dass Paulus behauptet, dass in Christus die nutzlose Person nützlich gemacht wurde.“ (Barclay)
iii. Indem Paulus Philemon dies wissen ließ, gab er einen behutsamen Hinweis darauf, dass er gerne die Dienste von diesen entflohenen Sklaven behalten würde – obwohl er Philemon nicht befehlen würde dies zu ermöglichen.
2. (12-14) Paulus sendet Onesimus zurück in der Hoffnung, dass Philemon ihm erlaubt wieder zu Paulus zurückzukehren.
Ich sende ihn zurück. Nimm ihn daher auf, ihn, das ist mein Herz. Ich wünschte ihn bei mir zu behalten, dass er mir an deiner Stelle diene in den Fesseln des Evangeliums. Aber ohne deine Zustimmung wollte ich nichts tun, damit deine Wohltat nicht wie gezwungen sondern freiwillig sei.
a. Ich sende ihn zurück. Nimm ihn daher auf, ihn das ist mein Herz: Onesimus hatte etwas Falsches getan indem er von seinem Herrn geflohen war. Es war Zeit das zu klären, so war Paulus bereit ihn zurückzuschicken. Doch Paulus wollte offensichtlich, dass Philemon sanft mit Onesimus umging. Dem römischen Gesetz entsprechend hatte der Sklavenhalter vollständige und totale Kontrolle über seinen Sklaven. Es war nicht ungewöhnlich, dass Sklaven für geringere Delikte als die Flucht gekreuzigt wurden.
i. Ein antiker Schreiber beschrieb, wie ein Sklave ein Tablett mit Bechern aus Kristallglas fallenließ und einen der Becher zerbrach. Der Herr verlangte sofort, dass der Sklave in einen Fischteich voller Lampreten geworfen würde, die den Sklaven in Stücke rissen. „Das römische Gesetz … setzte dem Herrn praktisch keine Grenzen bezüglich der Macht über seinen Sklaven. Die Macht über Leben und Tod lag allein in Philemons Hand, und Sklaven wurden ständig für weit geringere Vergehen als dieses gekreuzigt.“ (Lightfoot)
ii. Betrachtet man die große Anzahl von Sklaven im römischen Weltreich, war es die einhellige Meinung, dass die harte Bestrafung gegen geflohene oder rebellische Sklaven notwendig war. In einem Weltreich mit bis zu 60 Millionen Sklaven gab es ständig Angst vor einer Sklavenrevolte. Daher waren die Gesetze gegen Entflohene streng. Wenn gefangen, wurde ein entflohener Sklave oft gekreuzigt oder mit einem Brandeisen auf der Stirn mit dem Buchstaben „F“ für Flüchtling gebrandmarkt.
iii. In Anbetracht dieser Tatsachen, wird Paulus Formulierung ihn, das ist mein Herz verständlich. „Philemon, ich weiß, dass dieser Mann dir Unrecht getan hat und Strafe verdient. Aber betrachte ihn als mein Herzund hab Erbarmen mit ihm.”
b. Ich wünschte ihn bei mir zu behalten, dass er mir an deiner Stelle diene in den Fesseln des Evangeliums: Es ist deutlich: Paulus wollte, dass Onesimus bei ihm bleibt, weil er eine große Hilfe für ihn geworden war. Paulus versüßte seine Bitte durch drei Dinge:
i. Erstens, wenn Onesimus bliebe, könnte er Paulus an deiner Stelle dienen. „Philemon, wenn du Onesimus bei mir lässt, ist es wie wenn du mir dienst weil Onesimus dein rechtmäßiger Diener ist.“
ii. Zweitens, wenn Onesimus bliebe so würde er einem Mann in Fesseln helfen. „Philemon, ich weiß Onesimus könnte Dir in etwas nützlich sein. Aber ich bin in Fesseln und brauche daher jede Hilfe, die ich bekommen kann.“
iii. Drittens, wenn Onesimus bliebe, so würde er einem Mann in Fesseln für das Evangelium helfen. „Philemon, bitte vergiss nicht warum ich hier in Fesseln bin. Erinnere Dich, dass es um des Evangeliums willen ist.“
c. Aber ohne deine Zustimmung wollte ich nichts tun: Paulus richtet seine Bitte auf starke und gekonnte Weise an Philemon. Zur gleichen Zeit ließ er die Entscheidung wirklich in dessen Hand. Er bittet in Liebe, aber trampelt nicht über Philemons Rechte hinweg.
d. damit deine Wohltat nicht wie gezwungen sondern freiwillig sei: Dies erklärt, warum Paulus Philemon nicht zu einer Entscheidung zwingt. Wenn Paulus es verlangte, dann wäre Philemons Wohltat gezwungenund nicht freiwillig. Das würde die ganze Angelegenheit unerfreulich machen und Philemon von jeder Honorierung berauben, die er andernfalls bekommen dafür würde.
i. Im Wesentlichen gab Paulus Philemon die Freiheit zu tun, was der Liebe entsprechend richtig war vor dem Herrn, und er gab die Freiheit es auf Basis seiner eigenen Entscheidung zu tun und nicht aufgrund von Zwang.
3. (15-16) Paulus erklärt wie Gottes fügende Hand am Werk war in Onesimus Flucht
Denn vielleicht war er deshalb eine Zeitlang von dir getrennt, damit du ihn für immer besitzen sollst. Nicht länger als einen Sklaven, sondern mehr als einen Sklaven, als einen geliebten Bruder, besonders für mich, wie viel mehr aber für dich, sowohl im Fleisch als auch im Herrn.
a. Eine Zeitlang von Dir getrennt: Es ist war, dass er sich von Philemon trennte, aber Paulus sendet ihn zurück. Irgendwie klingt eine Zeitlang von Dir getrennt lange nicht so schlimm wie entflohener Sklave.
i. Indem er schreibt, eine Zeitlang von Dir getrenntsprach Paulus sanft von der Flucht des Sklaven. Clarke sagt von dieser Formulierung: „Dies ist eine weitere feinfühligste Streicheleinheit.“
b. Denn vielleicht war er deshalb eine Zeitlang von Dir getrennt: In gewisser Hinsicht war die Flucht des Onesimus nichts als Ärger. Es beraubte Philemon eines Arbeiters und an Kapital. Es machte Onesimus zu einem Kriminellen, möglicherweise mit der Folge der Todesstrafe. Doch in dem allen, kann Paulus die Bestimmung Gottes sehen und er wollte, dass Philemon diese Bestimmung auch erkennt.
i. Die Formulierung denn vielleichtist wichtig. Sie zeigt, dass Paulus nicht auf folgende Art und Weise zu Philemon kam: „Philemon, Gott hat mir gezeigt wie seine verborgene Hand am Werk ist und du musst das auch so akzeptieren wie ich das sehe.“ Stattdessen bedeutetdenn vielleicht, dass Paulus Herz folgendermaßen ist: „Philemon, es erscheint mir dass Gott hier in ungewöhnlicher Art und Weise am Werk ist. Lass mich dir mitteilen, was ich verstanden habe und vielleicht ergibt es auch für dich einen Sinn.“
c. Damit du ihn für immer besitzen sollst: Dies war ein Aspekt der Bestimmung in der Paulus in der Flucht von Onesimus Gott am Werk sah. Philemon der Herr verlor einen Sklaven; aber Philemon der Christ gewann einen Bruder, und er gewann diesen Bruder für immer.
i. „Hier macht der Apostel das Beste aus einer schlechten Angelegenheit. Mit Konvertiten soll sanft verfahren werden, und ihre früheren bösen Praktiken sollen nicht zu einer Verschlimmerung ihrer Situation führen.“ (Trapp)
d. Damit du ihn für immer besitzen sollst, nicht länger als einen Sklaven, sondern mehr als einen Sklaven, als einen geliebten Bruder: Paulus stellt Onesimus Philemon erneut vor; nicht als einen Sklaven, sondern als einen Bruder. In dieser Beziehung als Brüder und nicht als Sklave entfernt Paulus effektiv den Stachel der „Herr – Sklave“ Beziehung und legt die Grundlage für die letztendliche gesetzliche Abschaffung der Sklaverei. Wenn ein Mensch ein Fremder ist, kann ich ihn möglicherweise zu meinem Sklaven machen. Aber wie kann mein Bruder mein Sklave sein?
i. Diese Aufhebung des Unterschieds zwischen Herr und Sklave war eine absolut revolutionäre Entwicklung. Es hat weit mehr dazu beigetragen die Gesellschaft zu verändern als das Erlassen eines Gesetzes zur Abschaffung der Sklaverei.
ii. „Was der Brief an Philemon tut ist die Institution in eine Atmosphäre zu heben in der sie nur welken und sterben konnte. Wo Herr und Sklave vereint sind in Liebe als Brüder in Christus wäre die formale Freilassung nur noch eine Frage der Zweckmäßigkeit, die gesetzliche Bestätigung ihrer neuen Beziehung.“ (Bruce)
iii. Die Transformation der Einzelnen ist der Schlüssel zur Transformation der Gesellschaft und dem moralischen Umfeld. „Aber streich dir dieses Wort an, – die wahre Reformierung des Trinkers liegt darin ihm ein neues Herz zu geben; die wahre Regenerierung der Hure wird in einer erneuerten Natur gefunden … Ich sehe wie einige meiner Brüder ihre Zeit vertrödeln an den Zweigen des Baumes der Laster mit ihren hölzernen Sägen, aber das Evangelium legt die Axt an die Wurzeln des ganzen Waldes des Bösen und wenn es ordentlich im Herzen angenommen wird fällt es alle schlechten Bäume auf einmal, und stattdessen sprossen die Tanne, die Kiefer und Buchsbaum zusammen auf, um das Haus der Herrlichkeit unseres Meisters zu verschönern.“ (Spurgeon)
4. (17-19) Paulus persönliches Versprechen der Entschädigung an Philemon
Wenn du mich nun für deinen Partner hältst, dann nimm ihn auf wie mich selbst. Aber wenn er dir in irgendetwas geschadet hat oder dir etwas schuldet rechne dies mir an. Ich, Paulus, schreibe es mit meiner eigenen Hand. Ich will bezahlen; ich brauche nicht zu erwähnen, dass du auch dich selbst mir schuldig bist.
a. Wenn du mich nun für deinen Partner hältst, dann nimm ihn auf wie mich selbst: Erneut steht Paulus Onesimus zur Seite und bittet um Erbarmen. „Wenn ich dein Partner im Evangelium bin, dann behandle Onesimus wie du mich behandeln würdest.“
i. Paulus Bitte ist machtvoll, weil er an der Seite eines schuldigen Mannes steht und zu dem Besitzer des Sklaven sagt: „Ich weiß, dass dieser Mann ein Krimineller ist und es verdient bestraft zu werden. Aber dieser Sklave ist mein Freund. Wenn du ihn also bestrafst, bestrafst du auch mich. Ich stehe an seiner Seite um seine Strafe auf mich zu nehmen.“ Das ist es was Jesus für uns tut vor unserem Herrn, Gott dem Vater.
b. Aber wenn er dir in irgendetwas geschadet hat oder dir etwas schuldet, rechne dies mir an:Anscheinend hat Onesimus als er von Philemon floh gleichzeitig auch von ihm gestohlen. Das war an und für sich schon ein Kapitalverbrechen. Paulus bittet, dass der Wert dessen was gestohlen wurde Paulus angerechnet werde. „Schreib es auf meine Rechnung, Philemon.“
c. Ich, Paulus schreibe es mit meiner eigenen Hand. Ich will bezahlen: Paulus war die Sache so ernst, dass er Philemon einen persönlichen Schuldschein gibt, geschrieben mit seiner eigenen Hand. Als Paulus zu Philemon sagte: „Rechne den Schaden des Onesimus mir an.“, tat er im Wesentlichen das was Jesus für uns tat als er unsere Sünden auf sich nahm und sie ihm angerechnet wurden.
i. „Hier sehen wir wie Paulus sich selbst für den armen Onesimus einsetzt und mit all seinen Mitteln für seine Sache bei seinem Herrn Fürsprache einlegt und sich so in eine Position begibt als wenn er selbst Onesimus wäre und selbst das Übel Philemon angetan hätte. Ebenso wie Christus das für uns getan hat bei Gott dem Vater, so tut es auch Paulus für Onesimus bei Philemon. Wir sind alle seine Onesimi, meiner Ansicht entsprechend.“ (Luther).
d. Ich brauche nicht zu erwähnen, dass du auch dich selbst mir schuldig bist: Während angerechnet wird, erwähnt Paulus noch eine weitere Sache. „Philemon, erinnere dich, dass ich einen ganz schönen Bonus auf deinem Konto habe, weil du auch dich selbst mir schuldig bist.“ Paulus konnte es sich leisten für Onesimus Auslagen aufzukommen weil es auf eine gewisse Art und Weise stimmte, dass Philemon Paulus für seine Errettung zu Dank verpflichtet war!
5. (20-22) Paulus Zuversicht im Hinblick auf Philemons Reaktion
Ja, Bruder, lass mich Nutzen von dir haben in dem Herrn, erfrische mein Herz in dem Herrn. Im Vertrauen auf deinen Gehorsam habe ich geschrieben, wissend, dass du mehr tun wirst als ich sage. In der Zwischenzeit bereite für mich eine Herberge, denn ich vertraue darauf, dass ich durch eure Gebete euch werde geschenkt werden.
a. Lass mich Nutzen von Dir haben in dem Herrn: Nutzen ist wörtlicher übersetzt das altgriechische Wort onimeni, das Herkunftswort für den Namen Onesimus. Paulus gebraucht ein weiteres Wortspiel und den Namen Onesimus um eine nicht so versteckte Bitte zu kommunizieren: „Lass mich Onesimus zurückhaben in dem Herrn.“
b. Erfrische mein Herz in dem Herrn: Vorher in dem Brief sagte Paulus, dass Philemon ein Mann war der die Herzen der Heiligen erfrischt hatte (Philemon 7). Jetzt sagt er Philemon ganz ausdrücklich wie er Paulus Herz erfrischen könnte: Dadurch, dass er erlauben würde dass Onesimus bei Paulus bleibt.
c. Wissend, dass du mehr tun wirst als ich sage: Paulus Brief voller Appell war auch voller Hoffnung. Philemon war kein schlechter oder harscher Mann. Paulus hatte jeden Grund zu erwarten, dass er seine christliche Pflicht erfüllen und sogar mehr tun würde als Paulus erbeten hatte.
d. Aber in der Zwischenzeit, bereite mir auch eine Herberge: Dies zeigt, wie eng die Beziehung zwischen Paulus und Philemon war. Paulus wusste, dass Philemons Zuhause immer offen stand für einen Besuch.
e. Ich vertraue, dass ich durch eure Gebete euch werde geschenkt werden: Paulus wollte, dass Philemon betet und er dachte nicht, dass die Gebete eine bloße Formalität wären. Paulus glaubte, dass es durchdie Gebete des Philemon wäre, durch die sie wieder erneut zusammenkommen würden.
C. Abschluss
1. (23-24) Paulus sendet Grüße von gemeinsamen Freunden in Rom an Philemon
Epaphras, mein Mitgefangener in Christus Jesus, grüßt dich, Markus, Aristarchus, Demas, Lukas, meine Mitarbeiter.
a. Epaphras … Markus …Aristarchus… meine Mitarbeiter: Jeder dieser Namen wird auch im Schluss des Kolosserbriefes erwähnt (Kolosser 4,10-17). Dies bestätigt dass die zwei Briefe an den selben Ort gesandt wurden. Philemon lebt in Kolossä.
i. Mitgefangener: „Wörtlich ‚ein Kriegsgefangener‘, metaphorisch gebraucht.“
b. Demas: „Demas soll so vermutet man derselbe sein, der Paulus bis zu seiner letzten Gefangenschaft in Rom begleitete: Danach verließ er ihn für das was so vermutet man die Liebe der Welt ist, 2.Timotheus 4,10.“ (Clarke)
2. (25) Der Abschluss des Briefes
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sie mit eurem Geist. Amen.
a. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit eurem Geist: Wir sehen einige fortdauernde Prinzipien aus Paulus Brief an Philemon.
i. Paulus hat nie einen Umsturz des Systems der Sklaverei gefordert, aber die Prinzipien im Brief an Philemon zerstören Sklaverei. Die größten sozialen Veränderungen finden dann statt wenn Menschen verändert werden, ein Herz nach dem anderen. In unserer Gesellschaft kann Rassismus und unsere geringe Rücksicht auf das ungeborene Leben nicht durch Gesetze eliminiert werden; eine Veränderung des Herzens muss passieren.
ii. Onesimus war verpflichtet zu seinem Herrn zurückzukehren. Wenn wir etwas falsch machen, müssen wir unser Bestes geben es wieder richtig zu stellen. Eine neue Schöpfung in Christus zu werden (2. Korinther 5,17) beendet nicht unsere Verantwortung Rückerstattung zu leisten; es erhöht unsere Verpflichtung, selbst wenn Rückerstattung schwierig ist.“
iii. Onesimus war moralisch für sein Unrecht verantwortlich. Der Brief an Philemon zeigt, dass wir nicht in erster Linie von der Wirtschaft geleitet werden, trotz der Konzepte der Marxisten und der modernen Liberalen. Ob reich oder arm, wir sollen durch den Geist Gottes geleitet werden, nicht unseren ökonomischen Status.
iv. „Kein Teil des neuen Testamentes demonstriert deutlicher den Zusammenschluss zwischen christlichem Denken und Leben. Äußerst charakteristisch für Paulus bietet er eine Mischung von Liebe, Weisheit, Humor, Sanftheit, Takt und vor allem christlicher und menschlicher Reife.“ (Wright)
b. Amen: Der Abschluss des Briefes kann uns dahin führen zu fragen: „Warum ist der Brief an Philemon in unseren Bibeln?“ Im Jahr 110 n. Chr., war der Bischof von Ephesus Onesimus und es könnte dieser gleiche Mann sein. Wenn Onesimus zur Zeit als Paulus diesen Brief schrieb ein Teenager oder in seinen frühen zwanziger Jahren war, dann wäre er 110 n. Chr. ca. 70 Jahre alt gewesen, und das war kein ungewöhnliches Alter für einen Bischof in diesen Tagen.
i. „Ignatius erwähnt in seinem Brief an die Epheser Onesimus als Pastor von Ephesus, der nächste in der Reihenfolge nach Timotheus. Der römische Martyrolog sagt, dass er in Rom unter dem Kaiser Trajan zu Tode gesteinigt wurde.“ (Trapp)
ii. Es gibt auch einige historische Anhaltspunkte dafür, dass die Briefe des Paulus zuerst in Ephesus gesammelt wurden. Vielleicht hat Onesimus die Briefe als erster zusammengestellt und wollte sicher gehen, dass sein Brief – seine Freiheitsurkunde – enthalten war.
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