Philipper 3 – Das Gesetz loslassen um sich an Jesus festhalten
A. Die Vergeblichkeit einer Beziehung zu Gott, die sich auf das Gesetz gründet.
1. (1-2) Warnung vor dem Einfluss gesetzlicher Juden.
Übrigens, meine Brüder, freut euch im Herrn! Euch öfter dasselbe zu schreiben, ist mir nicht verdrießlich, für euch aber bedeutet es, dass ihr fest werdet. Seht auf die Hunde, seht auf die bösen Arbeiter, seht auf die Zerschneidung!
a. Freut euch im Herrn: Dieses Thema passt gut zu dem ganzen Brief. Paulus hat den Philippern das Prinzip von der Freude im Herrn mitgeteilt – einer Freude, die sich nicht auf die Umstände oder Situationen gründet, sondern einer Freude im Herrn, der bewirkt, dass uns alles zum Besten dient.
i. Diese beständige Freude passt zum Gläubigen, da sie zeigt, dass wir wirklich Gott vertrauen und daran glauben, dass er die Kontrolle hat. Es ist nicht überraschend, dass wir mit Freude erfüllt sind, wenn wir daran wirklich glauben.
ii. Freut euch im Herrn: “Dieser Ausdruck könnte die christliche Entsprechung zu dem Halleluja des Alten Testaments sein.“ (Martin)
iii. “Es ist für uns eine Pflicht, diese Freude zu kultivieren. Wir müssen entschlossen jeder Tendenz Einhalt gebieten, die uns jammern und klagen, die uns Fehler in Gottes Handeln finden oder die uns Mitleid erheischen lässt. Wir müssen der Versuchung zur Depression und Melancholie genauso stark widerstehen wie jeder Form der Sünde.” (Meyer)
b. Euch öfter dasselbe zu schreiben, ist mir nicht verdrießlich, für euch aber bedeutet es, dass ihr fest werdet: Paulus versicherte den Philippern, dass es ihm nichts ausmachte, sie an die gleichen Dinge immer wieder zu erinnern, da es ihm dabei um ihre Sicherheit ging.
i. Paulus machte es nichts aus, sie daran zu erinnern, da er wegen bestimmter Gefahren intensiv besorgt war und er sprach sich sehr stark gegen diese Gefahren aus. „Dieser Gefühlsausbruch ist bemerkenswert, da er in seiner Vehemenz stark aus dem Tonfall des restlichen Briefes heraussticht, welcher ruhig, fröhlich und klar ist; hier hingegen ist der Tonfall stürmisch und leidenschaftlich, voller aufblitzender, beißender Worte.“ (Maclaren)
c. Seht auf die Hunde: Hier bezieht sich Paulus mit harschen Worten auf die Unruhe stiftenden Legalisten, welche versuchten, die Philipper zu täuschen. Das Wort „Hunde“ ist ein verächtlicher Ausdruck, den Juden gegenüber Heiden benutzen würden. Paulus macht hier eine starke Aussage, indem er dieses Wort gegen diese jüdisch-beeinflussten Legalisten verwendet.
i. Muller zitiert Lightfoot: “Die Horden von Hunden, welche durch östliche Straßen ziehen, ohne Zuhause und ohne Besitzer, und sich vom Abfall und Dreck auf der Straße ernähren, die miteinander kämpfen und Passanten angreifen, erklären die Anwendung dieses Bildes.”
ii. “Wir sind darum dazu aufgefordert, uns vor Menschen in Acht zu nehmen, die von einem zänkischen und streitsüchtigen Geist angetrieben werden, die unter dem Deckmäntelchen der Religion unsittliche und unreine Dinge verbergen und die nicht nur verunreinigt sind, sondern auch einen verunreinigenden Einfluss ausüben.“ (Meyer)
d. Seht auf die bösen Arbeiter: Paulus beschreibt hier, was diese Legalisten tun (Böses), und stellt sich gegen ihre Betonung der Gerechtigkeit vor Gott durch Werke. Paulus würde eingestehen, dass sie um Werke besorgt waren, aber sie waren böse Arbeiter.
i. Böse Arbeiter: “Diese Menschen sind die ‘Spinner’ in unseren Gemeinden: sie führen Modeerscheinungen und Hobbies ein, sie übertreiben bei der Wichtigkeit von Kleinigkeiten, sie richten sich nach jeder neuen Theorie oder Laune und folgen ihr auf Kosten der Wahrheit und Liebe.“ (Meyer)
e. Seht auf die Zerschneidung: Auch hier bezieht sich Paulus mit harschen Worten darauf, dass diese jüdischen Legalisten beharrlich darauf bestanden, dass Heiden, die Christen werden wollten, beschnitten werden müssten. Der Hintergedanke dabei war, dass jemand erst ein Jude werden müsste, bevor er ein Christ werden konnte.
i. “Sie leugneten nicht, dass Jesus der Messias oder dass sein Evangelium die Kraft Gottes zu unserer Errettung sei, aber sie bestanden darauf, dass die heidnischen Konvertiten nur durch das mosaische Gesetz das volle Privileg des Evangeliums erlangen konnten.“ (Meyer)
ii. Paulus sah ihr Bestehen auf die Beschneidung jedoch nicht als etwas Schönes oder Edles, sondern er betrachtete sie als ein häßliches Beispiel der Zerschneidung (Verstümmelung). Maclaren versteht die Aussage von Paulus folgendermaßen: “Ich werde hierfür nicht den Begriff Beschneidung verwenden, denn sie wurden nicht beschnitten, sondern aufgeschnitten und verstümmelt, es handelt sich hierbei um eine rein körperliche Verstümmelung.“
iii. Martin über die Zerschneidung: “Durch ein Wortspiel, beschreibt er mit spöttischem Unterton ein bloßes Schneiden, katatome, und stellt den Vorgang damit auf die selbe Stufe mit der körperlichen Verstümmelung in heidnischen Bräuchen, welche in 3. Mose 21,5 verboten werden.”
2. (3-4) Paulus definiert die wahre Beschneidung.
Denn wir sind die Beschneidung, die wir im Geist Gottes dienen und uns in Christus Jesus rühmen und nicht auf Fleisch vertrauen, obwohl auch ich Vertrauen auf Fleisch haben könnte. Wenn irgendein anderer meint, auf Fleisch vertrauen zu können – ich noch mehr:
a. Denn wir sind die Beschneidung: Diese jüdischen Legalisten hielten sich selbst für diejenigen, welche wahrhaftig beschnitten und im Reinen mit Gott waren. Paulus jedoch stellte fest, dass er und seine Mitstreiter die wahre Beschneidung waren.
b. Die wir im Geist Gottes dienen: Hier wird die wahre Beschneidung definiert. Sie dienen im Geist Gottes, im Gegensatz zum fleischlichen und äußerlichen Dienst, den diese Legalisten so betonten.
i. “Das Wort ‘dienen’ ist die Übersetzung eines griechischen Wortes, welches sich auf den Dienst gegenüber Jahwe durch sein auserwähltes Volk, die Juden, bezieht. Ein Jude wäre brüskiert durch die Verwendung dieses Wortes in Bezug auf einen Heiden.” (Wuest)
c. Uns in Christus Jesus rühmen: Auch hier werden die Menschen charakterisiert, die zur wahren Beschneidung gehören. Ihre Freude finden sie nicht in ihrer eigenen Fähigkeit, vor Gott durch das Gesetz oder durch ihr Einhalten des Gesetzes gerechtfertigt zu sein.
d. Nicht auf Fleisch vertrauen: Hier wird auf ein drittes Merkmal der wahren Beschneidung hingewiesen. Sie setzen ihr Vertrauen nicht in ihre eigene Fähigkeit, vor Gott durch äußerliche Werke gerechtfertigt zu sein (auf Fleisch vertrauen), sondern ihr ganzes Vertrauen gilt Jesus.
e. Wenn irgendein anderer meint, auf Fleisch vertrauen zu können – ich noch mehr: Paulus wusste, dass er sich zur Rechtfertigung durch das Einhalten des Gesetzes mehr bewährt hatte als irgendeiner seiner derzeitigen legalistischen Gegner.
i. Seltsamerweise sind es gerade diejenigen, welche die Vorstellung vom Vertrauen auf Fleisch befördern, die sich auf diesem Gebiet am wenigsten bewährt haben. Das liegt an dem Prinzip, das Paulus in Kolosser 2,23 erklärt: Das alles hat zwar einen Anschein von Weisheit, in eigenwilligem Gottesdienst und in Demut und im Nichtverschonen des Leibes – also nicht in einer gewissen Wertschätzung -, dient aber zur Befriedigung des Fleisches.
3. (5-6) Die Gründe, warum Paulus Vertrauen auf Fleisch haben könnte.
Beschnitten am achten Tag, vom Geschlecht Israel, vom Stamm Benjamin, Hebräer von Hebräern; dem Gesetz nach ein Pharisäer; dem Eifer nach ein Verfolger der Gemeinde; der Gerechtigkeit nach, die im Gesetz ist, untadelig geworden.
a. Beschnitten am achten Tag . . .: Paulus zählt zuerst vier Dinge auf, die er von Geburt an hatte, welche alle als Gründe zählen könnten, warum er auf Fleisch vertrauen könnte.
· Paulus wurde am achten Tag beschnitten in Übereinstimmung mit 3.Mose 12,3.
· Paulus war vom Geschlecht Israel, ein Nachkomme von Abraham, Isaak und Jakob und dadurch ein Erbe des Bundes mit ihnen.
· Paulus war vom Stamm Benjamin, einem angesehenen Stamm. Benjamin war dadurch angesehen, dass aus ihm der erste König Israels hervorging, Saul (1.Samuel 9,1-2). Es war der Stamm, der Juda die Treue hielt, als Israel sich zur Zeit Rehabeams in zwei Stämme aufspaltete (1.Könige 12,21). Es war auch der Stamm, in dessen Stammesgebiet die Stadt Jerusalem lag (Richter 1,21).
· Paulus war ein Hebräer von Hebräern. Hier steht Paulus im Kontrast zu den Juden, die sich die griechische Kultur einverleibten, als diese sich im Mittelmeerraum verbreitete. Zu jener Zeit gab es viele Juden, die sich ihres Judentums zunehmend schämten, und versuchten so sehr sie nur konnten so zu leben und zu handeln wie Griechen – das ging manchmal sogar so weit, dass sie ihre Beschneidung kosmetisch rückgängig gemacht oder versteckt haben, so dass sie die römischen öffentlichen Bäder besuchen konnten, ohne als Juden erkannt zu werden. Im Gegensatz dazu war Paulus von seinen Eltern als Hebräer von Hebräern erzogen worden.
b. Dem Gesetz nach . . .: Paulus nenn dann drei Dinge, die er durch eine persönliche Entscheidung und Überzeugung erhalten hatte und die alle Gründe dafür sein könnten, dass er auf Fleisch vertrauen könnte.
· Paulus war dem Gesetz nach ein Pharisäer. Hier geht es darum, dass Paulus innerhalb eines “Elite”-Volkes (die Juden) zu einer “Elite”-Sekte gehörte (die Pharisäer), deren Mitglieder für ihre penible Befolgung des göttlichen Gesetzes bekannt waren. „Es gab nicht sehr viele Pharisäer, niemals mehr als 6000, aber sie waren die geistlichen Athleten des Judentums. Ihr Name bedeutet die Abgesonderten. Sie hatten sich vom Alltagsleben und von allen alltäglichen Aufgaben abgesondert, um es zu ihrem einzigen Ziel zu machen, jedes noch so kleine Detail des Gesetzes einzuhalten.“ (Barclay) Die Sorge, welche die Pharisäer um das Einhalten des Gesetzes hatten, spiegelt sich in Passagen wie Matthäus 23,23 wieder.
· Dem Eifer nach ein Verfolger der Gemeinde. Paulus war nicht nur ein intellektueller Gegner von so empfundenen Irrlehren gegen das Judentum gewesen, er hatte auch aktiv gegen sie angekämpft – in seiner Blindheit gegenüber Gott. Seine Beobachtung, dass die Juden seiner ZeitEifer für Gott haben, aber nicht mit rechter Erkenntnis (Römer 10,2), traf auch auf sein eigenes Leben zu, bevor Gott ihm auf der Straße nach Damaskus entgegentrat.
· Der Gerechtigkeit nach, die im Gesetz ist, untadelig geworden.
Hier zeigt sich, dass Paulus den Maßstab von Rechtschaffenheit, der unter den Männern seiner Zeit anerkannt wurde, erfüllte – obgleich dieser Maßstab weit hinter dem heiligen Maßstab Gottes zurückblieb. Dadurch, wie das Gesetz interpretiert und gelehrt wurde, gab es damals Menschen, die dahingehend getäuscht wurden, dass sie dachten, sie seien tatsächlich untadelig eworden, wie der junge Reiche (Lukas 18,18-23).
i. Zusammenfassend kann man sagen: wenn irgendjemand für sich beanspruchen konnte, Gott durch das Einhalten des Gesetzes und durch Werke des Fleisches zu gefallen, dann war das Paulus. Er war viel mehr dazu qualifiziert als seine legalistischen Gegner es waren, solch einen Anspruch zu erheben.
4. (7) Paulus lehnt jegliches Vertrauen in das Fleisch ab.
Aber was auch immer mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Verlust gehalten
a. Das habe ich um Christi willen für Verlust gehalten: Jeder der korrupten Lehrer, vor denen Paulus warnte, wäre stolz darauf gewesen, den Stammbaum des Paulus für sich zu beanspruchen. Trotzdem stellte Paulus unmissverständlich klar: das habe ich um Christi willen für Verlust gehalten.
i. “Das Wort ‘Gewinn’ steht im Griechischen im Plural ‚Gewinne‘. … ‚Verlust‘ steht im Singular. Die verschiedentlichen Gewinne werden alle als ein Verlust angesehen.“ (Wuest)
ii. “Er war in geistlicher Arithmetik geschult und sehr sorgfältig in seinen Berechnungen. Er stellte seine Berechnungen gewissenhaft auf und beobachtete mit Bedacht seine Verluste und Gewinne.“ (Spurgeon)
b. Das habe ich … für Verlust gehalten: Paulus hat diese Dinge für Verlust gehalten. Sie waren aus sich selbst heraus zwar kein Verlust, aber Paulus entschied sich dafür, sie für Verlust zu halten.
i. Sie wurden nicht für Verlust gehalten, weil sie schädlich für Paulus gewesen wären, sondern weil diese Dinge für Paulus den Versuch darstellten, Gott durch fleischliches Bemühen zu gefallen. Bevor Paulus Christ wurde, dachte er, dass all diese Dinge für ihn Erfolg bedeuteten in dem Bestreben, Gott durch Werke zu gefallen.
ii. Wir können zu dem Schluss kommen, dass seine Haltung dem entsprach, was Jesus im Gleichnis der kostbaren Perle beschrieb (Matthäus 13,45-46).
B. Paulus vertraut völlig auf eine lebendige Beziehung zu Jesus Christus.
1. (8) Sein Gewinn in Jesus Christus.
Ja wirklich, ich halte auch alles für Verlust um der unübertrefflichen Größe der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, willen, um dessentwillen ich alles eingebüßt habe und es für Dreck halte, damit ich Christus gewinne
a. Ja wirklich, ich halte auch alles für Verlust: Paulus hielt nicht nur seinen religiösen Stammbaum für Verlust; er hielt alles für Verlust – aber er hielt sie für Verlust mit Blick auf die unübertreffliche Größe der Erkenntnis Christi Jesu.
i. Ja wirklich: “Die Übersetzung von fünf Partikeln, die im Folgenden wörtlich übersetzt sind – ‘ja, tatsächlich, deshalb, zumindest, sogar’ – zeigen die Kraft und Leidenschaft seiner Überzeugung.“ (Wuest)
ii. Es ging nicht darum, dass diese Dinge an sich wertlos gewesen wären, sondern darum, dass sie wirklich nichts darstellten im Vergleich zur unübertrefflichen Größe der Erkenntnis Christi Jesu.
iii. Paulus platziert hier eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus im Zentrum des Lebens eines Christen. Er nahm den Verlust aller anderen Dinge fröhlich zur Kenntnis im Licht der Größe dieser persönlichen Beziehung.
iv. Bei seiner Bekehrung beschloss Paulus, die Bemühungen im Fleisch für Verlust zu halten, um Jesus zu gewinnen. Nun, etwa 30 Jahre später, während seiner römischen Gefangenschaft, nach allem, was er erlebt hat, hielt er es immer noch für wertvoller, alles aufzugeben, um Jesus nachzufolgen.
v. “Nach zwanzig oder mehr Jahren voller Erfahrungen, hatte Paulus die Gelegenheit, seine Bilanz zu überprüfen, noch einmal seine Schätzungen anzusehen und festzustellen, ob seine Berechnungen korrekt waren. Was war das Thema seiner letzten Nachforschungen? Wie stehen die Dinge nach der letzten Bestandsaufnahme? Er ruft mit großem Nachdruck aus: ‚Ja wirklich, ich halte auch alles für Verlust um der unübertrefflichen Größe der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, willen.‘“ (Spurgeon)
b. Um dessentwillen ich alles eingebüßt habe: Dieses Einbüßen war nicht nur eine innerliche spirituelle Übung. Paulus hat tatsächlich alles eingebüßt, um Christus zu gewinnen.
i. Dies wird verdeutlicht durch den Ort und die Umstände, unter denen Paulus diesen Brief schrieb – ein römisches Gefängnis, wo er wahrhaftig feststellen konnte, dass er alles eingebüßt hatte.
c. Es für Dreck halte: Paulus verwendet hier einen Kraftausdruck. Wörtlich übersetzt, hielt Paulus sie für Fäkalien, für Kot; sie waren für ihn nicht nur wertlos, sondern widerlich.
i. Das altgriechische Wort für Dreck hatte zwei verschiedene Bedeutungen. Es konnte Körperausscheidungen beschreiben oder Essensreste, welche höchstens dazu geeignet waren, sie den Hunden vorzuwerfen. Wir können davon ausgehen, dass Paulus in diesem Kontext mit beiden Bedeutungen einverstanden wäre.
ii. “Das Wort [Dreck] bezeichnet den abscheulichsten Müll oder Unrat; die schlimmsten Ausscheidungen. Das Wort bringt zum Ausdruck, wie sehr der Apostel in Bezug auf die Errettung alles als zutiefst bedeutungslos und vergeblich betrachtet außer dem Evangelium Jesu.“ (Clarke)
2. (9) Die geistlichen Vorteile seines Gewinns in Jesus Christus.
Und in ihm gefunden werde – indem ich nicht meine Gerechtigkeit habe, die aus dem Gesetz ist, sondern die durch den Glauben an Christus, die Gerechtigkeit aus Gott aufgrund des Glaubens –
a. Und in ihm gefunden werde: Weil Paulus in ihm war, konnte er auf seine eigene Gerechtigkeit verzichten und durch die Gerechtigkeit aus Gott aufgrund des Glaubens leben. Die Grundlage seines geistlichen Lebens war das, was Jesus für ihn getan hatte, und nicht, was er für Jesus getan hatte, gerade tat oder in der Zukunft tun würde.
b. Die Gerechtigkeit aus Gott aufgrund des Glaubens: Paulus entlarvt hier den großen Unterschied zwischen einer gesetzlichen Beziehung, welche von seinen Gegnern vertreten wurde, und seiner persönlichen Verbindung mit Jesus Christus. Der Unterschied besteht darin, aus der eigenen Gerechtigkeit zu leben und auf sie zu vertrauen oder aus Gottes Gerechtigkeit aus Glauben an Christus zu leben und auf sie zu vertrauen.
i. “Er verleugnet seine eigene Gerechtigkeit so eifrig, wie andere Menschen ihre Sünden verleugnen, und er zeigt größte Wertschätzung für die Gerechtigkeit, die Christus für uns erworben hat, welche wir aufgrund des Glaubens bekommen können.“ (Spurgeon)
3. (10-11) Seine Erfahrung einer persönlichen Beziehung zu Jesus.
Um ihn und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden zu erkennen, indem ich seinem Tod gleich werde, ob ich irgendwie hingelangen möge zur Auferstehung aus den Toten.
a. Um ihn…zu erkennen: Dies war der schlichte Wunsch im Herzen des Paulus. Es war ein Wunsch, der dem Gesetzlichen unbekannt ist, der sich notwendigerweise auf seine eigene Leistung und seinen Status konzentrieren muss, um eine gewisse Art des Friedens mit Gott zu finden.
i. Jesus zu kennen ist nicht dasselbe wie sein historisches Leben zu kennen; es ist nicht dasselbe wie zutreffende Glaubenslehren bezüglich Jesus zu kennen; es ist nicht dasselbe wie sein moralisches Vorbild zu kennen und es ist nicht dasselbe wie sein großes Werk für uns zu kennen.
· Wir können sagen, dass wir jemanden kennen, weil wir ihn erkennen – weil wir klar erkennen können, was ihn von anderen Leuten unterscheidet.
· Wir können sagen, dass wir jemanden kennen, weil wir uns tatsächlich mit ihm unterhalten.
· Wir können sagen, dass wir jemanden kennen, weil wir bei ihm zu Hause Zeit mit seiner Familie verbringen.
· Wir können sagen, dass wir jemanden kennen, weil wir ihm unser Leben gewidmet haben und alltäglich mit ihm leben, indem wir jeden Lebensumstand miteinander teilen wie in einer Ehe.
· Darüber hinaus gibt es eine Art, Jesus Christus zu kennen, welche dies alles beinhaltet und noch darüber hinausgeht.
ii. “Sie sagen zu mir, er ist ein Veredler, dass er Flecken reinigt; er hat mich in seinem kostbaren Blut gewaschen und auf diese Weise kenne ich ihn. Sie sagen zu mir, er bekleidet die Nackten; er hat mich mit einem Gewand der Gerechtigkeit bedeckt und auf diese Weise kenne ich ihn. Sie sagen zu mir, er ist ein Zerbrecher, dass er meine ehernen Fesseln zerbricht; er hat meine Seele befreit und dadurch kenne ich ihn. Sie sagen zu mir, er ist ein König, dass er über die Sünde regiert; er hat meine Feinde seinen Füßen unterworfen und in dieser Charaktereigenschaft kenne ich ihn. Sie sagen zu mir, er ist ein Hirte; ich kenne ihn, denn ich bin sein Schaf. Sie sagen, er ist eine Tür; ich bin durch ihn eingetreten und kenne ihn als eine Tür. Sie sagen, er ist Nahrung; mein Geist ernährt sich von ihm wie von Brot aus dem Himmel, und somit kenne ich ihn als solches.“ (Spurgeon)
b. Und die Kraft seiner Auferstehung: Jesus zu kennen bedeutet, seine Kraft zu kennen, das neue Leben, das er uns im Hier und Jetzt gibt, nicht erst, wenn wir sterben.
i. “Er will die Kraft der Auferstehung Jesu erfahren, das heißt er will, dass die gleiche Kraft, welche Christus von den Toten auferweckt hat, ihn selbst durchströmt, die Sünde in seinem Leben überwindet und christliche Gnadengaben hervorbringt.“ (Wuest)
ii. “Ich glaube jedoch nicht, dass Paulus hier in erster Linie an die Kraft denkt, welche sich in der Auferstehung selbst zeigte, sondern an die Kraft, welche die Auferstehung nach sich zieht, welche am besten bezeichnet werden kann als ‚die Kraft seiner Auferstehung‘. Diese Kraft wollte der Apostel begreifen und kennen.” (Spurgeon)
· Die Kraft seiner Auferstehung ist eine Beweiskraft. Sie ist der Beweis und das Siegel, dass alles, was Jesus gesagt und getan hat, wahr ist.
· Die Kraft seiner Auferstehung ist eine rechtfertigende Kraft. Sie ist der Beleg und Beweis, dass das Opfer des Kreuzes als Zahlung in voller Höhe angenommen wurde.
· Die Kraft seiner Auferstehung ist eine lebensspendende Kraft. Sie sagt uns, dass diejenigen, die mit Jesus Christus verbunden sind, das gleiche Auferstehungsleben empfangen.
· Die Kraft seiner Auferstehung ist eine tröstende und ermutigende Kraft. Sie verspricht uns, dass unsere Freunde und Geliebten, welche in Christus gestorben sind, mit ihm leben.
c. Und die Gemeinschaft seiner Leiden: Jesus zu kennen bedeutet auch die Gemeinschaft seiner Leiden zu kennen. Das gehört alles dazu, Jesus nachzufolgen und in Christus zu sein. Wir können feststellen, dass das Leiden ein Teil unseres Erbes als Kinder Gottes ist – wir sind Teil der Familie des Leidens: Wenn aber Kinder, so auch Erben, Erben Gottes und Miterben Christi, wenn wir wirklich mitleiden, damit wir auch mitverherrlicht werden.(Römer 8,17)
d. Indem ich seinem Tod gleich werde: Das erinnert uns daran, dass in Christus zu sein auch bedeutet, „in“ seinem Tod zu sein. Diese Worte hatten eine besondere Relevanz für Paulus, der sich der Möglichkeit eines Märtyrertodes gegenüber sah.
e. Ob ich irgendwie hingelangen möge zur Auferstehung aus den Toten: Paulus hat sich nicht auf krankhafte Weise auf Leiden und Tod im Leben eines Christen konzentriert. Er erkannte, dass sie ein nötiger Weg waren zum Ziel des Auferstehungslebens im Hier und Jetzt und zur letztendlichen Auferstehung von den Toten.
i. Dieses Ziel wollte Paulus unbedingt irgendwie erreichen. Das Leiden war es ihm wert mit Blick auf die Größe des Zieles, die Auferstehung von den Toten.
ii. Ob ich … hingelangen möge: Paulus zweifelte nicht daran, dass er errettet war, aber er sehnte sich leidenschaftlich nach der Vervollständigung seiner Errettung durch die Auferstehung seines Leibes. Dies war etwas, was er noch nicht erreicht hatte und wonach er sich sehnte.
iii. Erinnern wir uns daran, dass Paulus diese Zeilen schrieb, nachdem er bereits mehr Leiden erlebt hatte als wir jemals erleben werden, und dass er sich zu jener Zeit in der Obhut römischer Soldaten befand. Für ihn war dies keine theologische Theorie, sondern etwas, was er durch seine Verbindung zu Gott durchlebt hat.
4. (12-14) Paulus beschreibt die Zukunft seiner Beziehung zu Jesus Christus.
Nicht, dass ich es schon ergriffen habe oder schon vollendet bin; ich jage ihm aber nach, ob ich es auch ergreifen möge, weil ich auch von Christus Jesus ergriffen bin. Brüder, ich denke von mir selbst nicht, es ergriffen zu haben; eines aber tue ich: Ich vergesse, was dahinten, strecke mich aber aus nach dem, was vorn ist, und jage auf das Ziel zu, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus.
a. Nicht, dass ich es schon ergriffen habe: Paulus schrieb mit solcher geistlicher Reife und Reinheit, dass wir erwarten könnten, dass er überzeugt war, alle geistlichen Schwierigkeiten überwunden zu haben und sich selbst als nahezu vollkommen wahrzunehmen. Dies war definitiv nicht der Fall. Paulus hatte diesen Perfektionismus nicht.
i. Traurigerweise ist es unter christlichen Leitern weit verbreitet, sich eine Haltung anzueignen so als hätten sie es schon ergriffen. Ohne dies explizit mit Worten auszudrücken stellen sie sich selbst so dar, als hätten sie am laufenden Band nur Erfolg und vermitteln dadurch ein Bild von sich selbst so als hätten sie es schon ergriffen und als seien sie schon vollendet.
ii. “Brüder, es ist für uns, die wir Pastoren sind, eine sehr gesunde Sache, eine Biographie wie die von M’Cheyne zu lesen. Lest sie durch, wenn ihr Pastoren seid, und das wird eure Luftschlösser zum Platzen bringen. Ihr werdet einen überaus schrecklichen Zusammenbruch erleben. Schaut euch das Leben von Brainerd unter den Indianern an oder das von Baxter in unserem eigenen Land. Denkt an die Heiligkeit von George Herbert, an die Frömmigkeit von Fletcher oder den Eifer von Whitfield. Wo siehst du dich selbst nachdem du über ihre Leben nachgelesen hast? Wirst du dich nicht verstohlen nach einem Versteck für deine eigene Geringfügigkeit umschauen?” (Spurgeon)
iii. “So wie ein kleines Kind ein vollkommener Mensch ist und trotzdem noch weit davon entfernt ist, in allen Entwicklungsschritten als Mensch vollkommen zu sein, so ist das wahre Kind Gottes ebenso vollkommen in allen Bereichen, obwohl es noch nicht vollkommen ist in allen Entwicklungsstufen des Glaubens.” (Muller)
iv. “Während also das Werk Christi für uns vollkommen ist – und es wäre anmaßend zu denken, dem etwas hinzufügen zu können – ist das Werk des Heiligen Geistes in uns nicht vollkommen; es wird notwendigerweise unser ganzes Leben lang von Tag zu Tag immer weitergeführt werden. ” (Spurgeon)
b. Ich jage ihm aber nach: Da Paulus klar war, dass er noch nicht angekommen war, gab es für ihn nur eine einzige Option. Er musste seinem Ziel nachjagen. Es gab für ihn kein Zurückweichen.
i. Als Spanien die führende Weltmacht war (im 15. Jahrhundert) spiegelte sich sein Nationalstolz in der Prägung seiner Münzen wieder – ihre Gravur lautete Nec Plus Ultra, übersetzt “nicht darüber hinaus”, und brachte zum Ausdruck, dass sich Spanien als „Ende der Welt“ sah. Nach der Entdeckung der Neuen Welt, erkannte Spanien, dass es nicht das Ende der Welt war, und veränderte die Gravur ihrer Münzen in Plus Ultra, übersetzt „darüber hinaus“. In gewisser Weise vermittelt manche christliche Lebensweise ein “Nicht-darüber-hinaus” und andere ein “Darüber-hinaus”.
ii. Hierin begegnen sich kindlicher Glaube und wahre Reife. Ein Kind kann es nicht erwarten, größer zu werden und will immer noch reifer werden.
iii. Ich jage ihm aber nach bedeutete, dass Paulus seine Hand an den Pflug gelegt hatte und sich weigerte, zurück zu schauen (Lukas 9,62).
c. Ob ich es auch ergreifen möge, weil ich auch von Christus Jesus ergriffen bin: Paulus jagte dem nach, was Jesus wollte. Seinen Eifer setzte er dafür ein, Gottes Willen zu tun, nicht seinen eigenen.
i. Als Paulus sagte “ob ich es auch ergreifen möge” benutzte er ausdrucksstarke Sprache. “Das Wort ‘ergreifen’ leitet sich vom griechischen Wort für ‚erlangen/erreichen‘ ab, mit einem präpositionalen Präfix, welches ‚hinunter‘ bedeutet. Er will es ergreifen und hinabziehen, wie ein Football Spieler, der nicht nur seinen Gegenspieler fangen will, sondern ihn hinabziehen und sich unterwerfen will.“ (Wuest)
ii. Paulus begann diesen Vers mit dem Gedanken, dass Jesus Christus ihn ergriffen hatte. Das ist ein wichtiger Grundgedanke; dennoch reagieren Christen auf diesen Grundgedanken manchmal mit Passivität. Sie nehmen an: „Jesus hat mich ergriffen, das ist jetzt so. Ich bin Christ und ich komme in den Himmel.“ Paulus zeigte eine andere Haltung; er war entschlossen zu ergreifen, weswegen Jesus ihn ergriffen hatte. Man könnte also fragen: „Warum hatte Jesus Paulus ergriffen?“
· Jesus hatte Paulus ergriffen, um aus ihm einen neuen Menschen zu machen (Römer 6,4) – also wollte Paulus das ergreifen und wollte sehen, wie das Verwandlungswerk Jesu in ihm selbst vollständig umgesetzt wird.
· Jesus hatte Paulus ergriffen, um ihn nach seinem Ebenbild gleich zu gestalten (Römer 8,29) – also wollte Paulus das ergreifen und das Wesen Jesu in ihm selbst sehen.
· Jesus hatte Paulus ergriffen, um aus ihm einen Zeugen zu machen (Apostelgeschichte 9,15) – also wollte Paulus ergreifen sowohl Jesus zu erleben als auch Zeugnis von dieser Erfahrung zu geben.
· Jesus hatte Paulus ergriffen, um aus ihm ein Werkzeug zur Bekehrung anderer Menschen zu machen (Apostelgeschichte 9,15) – also wollte Paulus dieses Werk ergreifen, andere zu Jesus zu bringen.
· Jesus hatte Paulus ergriffen, um ihn leiden zu lassen (Apostelgeschichte 9,16) – also wollte Paulus sogar dieses Werk Gottes in seinem Leben ergreifen, indem er Jesus in der Gemeinschaft seiner Leiden erkennen wollte.
· Jesus hatte Paulus ergriffen, damit der Apostel zur Auferstehung von den Toten gelangen würde (Philipper 3,11) – also wollte Paulus diese himmlische Hoffnung ergreifen.
d. Hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus: Paulus war voll und ganz auf diese eine Sache konzentriert und würde es nicht zulassen, dass das, was hinter ihm lag, ihn davon ablenken würde. Er jagte dem Kampfpreis nach.
i. Wir lassen uns oft von dem, was hinter uns liegt, ablenken, egal ob das nun gute oder schlechte Dinge waren. Die Vergangenheit zu betrachten hält uns oft von dem ab, was Gott mit uns in der Zukunft vorhat.
ii. Wir unterliegen einer Täuschung, wenn wir in der Vergangenheit oder in der Zukunft leben; Gott will, dass wir uns in der Gegenwart investieren, weil die Gegenwart der Ort ist, an dem uns die Ewigkeit im Hier und Jetzt berührt. Paulus wusste, dass ein Wettrennen nu rim gegenwärtigen Moment gewonnen wird, nicht in der Vergangenheit oder in der Zukunft.
e. [Ich] jage auf das Ziel zu, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus: Der Kampfpreis ist die Berufung Gottes nach oben. Der Kampfpreis ist diese Berufung selbst, nicht die Vorteile, die sich von dieser Berufung oder sonst etwas ableiten. Der Kampfpreis ist es, überhaupt in der Lage zu sein, bei diesem Wettrennen mitzulaufen, indem man mit Gott als Partner zusammenarbeitet, um an seinem Reich zu bauen.
i. “Es ist eine hohe Berufung, da sie von oben, von Gott, kommt; die Vorstellung davon ist seinem Herzen entsprungen. Es ist eine hohe Berufung, da sie Gottes würdig ist. Es ist eine hohe Berufung, da sie so sehr erhoben ist über den Idealen der Menschen…Und es ist eine hohe Berufung, da sie uns dorthin ruft, wo Christus an der rechten Seite Gottes sitzt.“ (Meyer)
ii. Da es solch eine herrliche Berufung ist, ist sie es wert, sich nach ihr auszustrecken. „Das griechische Wort bringt die heftigen Anstrengungen zum Ausdruck, die im Wettlauf vonnöten sind; jeder Muskel und Nerv wird beansprucht, und er setzt jeden Funken seiner Kraft dafür ein, zu rennen. Er rannte um sein Leben.“ (Clarke)
f. [Die] Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus: Wie alles andere auch, gibt es diese Berufung Gottes nach oben ausschließlichin Christus Jesus. Die Legalisten würden vielleicht sagen, dass sie der Berufung Gottes nach oben folgten, aber sie taten das mit Sicherheit nicht in Christus Jesus; stattdessen taten sie es in ihren fleischlichen Bemühungen.
5. (15-16) Paulus ermahnt die Philipper, sich seiner Haltung anzuschließen.
So viele nun vollkommen sind, lasst uns darauf bedacht sein! Und wenn ihr in irgendetwas anders denkt, so wird euch Gott auch dies offenbaren. Doch wozu wir gelangt sind, zu dem lasst uns auch halten!let us, as many as are mature, have this mind; and if in anything you think otherwise, God will reveal even this to you. Nevertheless, to the degree that we have already attained, let us walk by the same rule, let us be of the same mind.
a. So viele nun vollkommen sind, lasst uns darauf bedacht sein:
Diejenigen, die wirklich vollkommen sind (im Sinne von ‘reif im Glauben’) werden darauf bedacht sein. Wenn sie jedoch nicht darauf bedacht sein sollten, so vertraute Paulus darauf, dass Gott ihnen die Notwendigkeit dafür offenbaren würde.
b. So wird euch Gott auch dies offenbaren: Paulus hatte großes Vertrauen darauf, dass Gott die Fähigkeit hat, mit seinem eigenen Volk zum Ziel zu kommen. Er hatte nicht die Überzeugung, dass wenn er (Paulus) sie nicht überzeugen könnte, sie niemals überzeugt werden könnten.
c. Doch wozu wir gelangt sind, zu dem lasst uns auch halten:
Paulus erlaubte es jedoch nicht, dass mangelnde Erkenntnis in einem Bereich als Ausrede dafür gebraucht würde, dass man in einem anderen Bereich das nicht tat, wovon man wusste, dass es Gottes Wille war. Was wir nicht wissen kann uns niemals dafür entschuldigen, wenn wir etwas nicht tun, von dem wir wissen, dass wir es tun sollten.
d. Zu dem lasst uns auch halten: Ein Teil dessen, was wir tun sollen, ist Einmütigkeit. Dieser Aufruf zur Einmütigkeit (eine Einmütigkeit in Wahrheit, gegen die potentielle Spaltung durch Legalisten) bezieht sich auf Philipper 2,1-2.
i. Die Probleme bezüglich Einmütigkeit, mit denen sich die Philipper konfrontiert sahen, beruhten nicht auf großen Problemen mit Fleischlichkeit so wie bei den Korinthern (1.Korinther 3,1-4). Allem Anschein nach bestand die Gefahr viel mehr in dem Druck sowohl von außen (Philipper 1,27-30) als auch von innen (Philipper 3,2). Paulus wollte sicher gehen, dass dieser Druck sie näher zusammen bringen würde anstatt sie auseinander zu treiben.
C. Vorbildlicher Wandel.
1. (17) Das gute Vorbild im Wandel mit Gott durch Paulus und andere.
Seid miteinander meine Nachahmer, Brüder, und seht auf die, welche so wandeln, wie ihr uns zum Vorbild habt!
a. Seid miteinander meine Nachahmer: Wir sollten nicht denken, dass Paulus hier egoistisch war. Er wusste, dass er kein sündloses oder perfektes Vorbild abgab, trotzdem war er ein gutes Vorbild. Er konnte das sagen, wie in 1. Korinther 11,1: Folgt meinem Beispiel wie ich dem Beispiel Christi!
i. Wir brauchen konkrete Vorbilder. Obwohl es falsch ist, sein Vertrauen auf einen Menschen zu setzen, ist es heuchlerisch als Christ zu sagen: “Tu, was ich sage, aber tu nicht, was ich tue.“
b. Und seht auf die, welche so wandeln: Paulus war nicht so stolz von sich zu behaupten, er wäre der Einzige, der ein solches gutes Vorbild abgeben würde. Er wies die Philipper dazu an, auf die zu sehen, welche so wandeln, wie er es beschrieben hatte, und er stellte fest, dass die Philipper insofern mehrere verfügbare Vorbilder hatten (statt zu behaupten, dass Paulus das einzige Vorbild wäre).
2. (18-19) Die schlechten Vorbilder: die Feinde des Kreuzes.
Denn viele wandeln, von denen ich euch oft gesagt habe, nun aber auch mit Weinen sage, dass sie die Feinde des Kreuzes Christi sind; deren Ende Verderben, deren Gott der Bauch und deren Ehre in ihrer Schande ist, die auf das Irdische sinnen.
a. Denn viele wandeln: Mit großer Traurigkeit ist sich Paulus im Klaren darüber, dass es viele gibt, die in einer Art und Weise wandeln, die dem was er lehrt, direkt entgegen gesetzt ist. Er betrachtet diese Leute als Feinde des Kreuzes Christi.
i. Die Feinde des Kreuzes waren tatsächlich das Gegenteil von den Legalisten, welche ihre vermeintliche Freiheit in Christus zelebrierten, indem sie sich ihrer Fleischlichkeit hingaben.
ii. Paulus musste sich mit solchen Leuten in 1. Korinther 6,12-20 und Römer 6 befassen, die dachten, dass es Rettung ohne Reue und Bekehrung gäbe und der Überzeugung waren, dass es keine Rolle spielen würde, was man mit seinem Körper anstelle, so lange die Seele gerettet sei.
iii. Wenn wir sagen, dass Menschen die Feinde des Kreuzes sind, dann meinen wir damit nicht, dass sie Feinde einer gegenständlichen Darstellung des Kreuzes sind. Wir meinen damit, dass sie Feinde der biblischen Wahrheit der Sühne sind, welche Jesus für uns am Kreuz zur Verfügung gestellt hat und welche eine anhaltende Kraft und Auswirkung auf unser Leben hat.
iv. Diese Leute waren wahrhaftig Feinde des Kreuzes Christi, welche Jesus nicht nachfolgen wollten, indem sie sein Kreuz der Selbstverleugnung (Matthäus 16,24-26) auf sich nähmen.
b. Nun aber auch mit Weinen sage: Das Werk und das Ziel dieser Feinde war es, dass sie – in ihrer Achtlosigkeit gegenüber Gottes Heiligkeit – den Legalisten Gründe lieferten zu behaupten, dass Paulus eine billige Gnade predigen würde, welche keine Verpflichtung im Leben fordern würde. Das machte Paulus zutiefst traurig in Bezug auf ihre Lehren.
i. Spurgeon war der Überzeugung, dass Paulus aus drei Gründen weinte: erstens in Bezug auf die Schuld dieser Feinde des Kreuzes Christi, zweitens in Bezug auf die negativen Auswirkungen ihres Wandels, und drittens in Bezug auf ihr Verderben.
ii. “Ich habe niemals gelesen, dass der Apostel weinte, wenn er verfolgt wurde. Obwohl sie seinen Rücken wie mit Ackerfurchen durchpflügt haben, glaube ich, dass niemals eine Träne gesehen wurde, die aus seinem Auge lief, während die Soldaten ihn auspeitschten. Obgleich er ins Gefängnis gesperrt wurde, lesen wir davon, dass er sang, niemals aber, dass er ächzte. Ich glaube nicht, dass er jemals wegen der Leiden und Gefahren, denen er um Christi willen ausgesetzt war, weinte. Ich bezeichne dies als eine außergewöhnliche Traurigkeit, denn der Mann der da weinte, war nicht der sentimentale Typ und weinte nicht einmal in schmerzlichen Anfechtungen.“ (Spurgeon)
iii. “Religionsprofessoren, die in die Gemeinde gehen und trotzdem gottlose Leben führen, sind die schlimmsten Feinde, welche das Kreuz Christi hat. Das sind die Sorte von Menschen, die dem Gemeindevorsteher die Tränen in die Augen treiben; sie sind es, die ihm das Herz brechen; sie sind die Feinde des Kreuzes Christi.“ (Spurgeon)
c. Deren Ende Verderben (ist): Das Wort, welches mit Verderben übersetzt wird, ist das gleiche Wort, welches für Verdammnis an anderen Stellen verwendet wird (z.B. Philipper 1,28). Es kann sich sowohl auf ihre letztendliche Verdammnis als auch auf die gegenwärtige Zerstörung ihres Lebens beziehen. Vermutlich steht hier ihre letztendliche Verdammnis im Vordergrund.
d. Deren Gott der Bauch (ist): Dies beschreibt den Götzendienst dieser Feinde. Es bedeutete nicht notwendigerweise, dass sie sich nur darum drehten, was sie aßen – der Bauch hat hier eine allgemeinere Bedeutung hinsichtlich sinnlicher Genusssucht. Sie leben für die Vergnügungen von Körper, Verstand und Seele.
e. Deren Ehre in ihrer Schande ist: Dies zeigt und die falschen Prioritäten dieser Feinde. Sie rühmten sich für Dinge, derer sie sich schämen sollten.
f. Die auf das Irdische sinnen: Hier wird der Mittelpunkt ihres Lebens beschrieben. Es ging ihnen nicht darum, Gott zu gefallen und ihn anzubeten, sondern in dieser Welt gut zu leben. Ihre Haltung war die des Reichen in Lukas 12,16-21.
3. (20) Unser Bürgerrecht und unser Herr.
Denn unser Bürgerrecht ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesus Christus als Retter erwarten,
a. Denn unser Bürgerrecht ist in den Himmeln: Wir müssen beachten, was all dies für die Philipper bedeutete, die ihr römisches Bürgerrecht sehr schätzten. Genauso wie die Philipper sich als Bürger Roms bezeichnen konnten und unter römischem Gesetz und römischen Bräuchen lebten (obwohl sie tatsächlich weit von Rom entfernt lebten), so sollten sich Christen als Bürger des Himmels ansehen.
i. Eine Umschreibung für Bürgerrecht ist in den Himmeln liest sich folgendermaßen: “Wir haben unser Zuhause im Himmel und hier auf der Erde sind wir eine Kolonie der Himmelsbürger.” Paulus sagt: „So wie die römischen Kolonisten niemals vergaßen, dass sie zu Rom gehörten, dürft ihr niemals vergessen, dass ihr Himmelsbürger seid; und euer Lebenswandel muss zu eurem Bürgerrecht passen.” (Barclay)
ii. Wenn wir Bürger des Himmels sind, dann heißt das, dass wir Ausländer mit Aufenthaltsgenehmigung auf der Erde sind. Ausländer sind anders, egal in welches fremde Land sie gehen. Christen müssen so stark von ihrer Himmelsbürgerschaft geprägt sein, dass man sie als anders wahrnimmt.
· Ausländer sollten darauf aus sein, Gutes zu tun in dem Land, in dem sie sich aufhalten.
· Ausländer sollten sich nicht in die Angelegenheiten des Landes einmischen, in dem sie sich aufhalten.
· Ausländer haben Privilegien und Pflichten; sie haben aber nicht die gleichen Pflichten wie die Bürger des Landes, in dem sie sich aufhalten.
· Ausländer sind nicht zu den gleichen Belohnungen und Anerkennungen berechtigt wie die Bürger des Landes, in dem sie sich aufhalten.
· Ausländer sollten sich nicht darauf konzentrieren, Reichtümer anzuhäufen in dem Land, in dem sie sich aufhalten.
iii. Als Himmelbürger haben wir einen dementsprechenden Charakter.
· Als Himmelsbürger unterstehen wir der Regierung des Himmels.
· Als Himmelsbürger haben wir an der Ehre des Himmels teil.
· Als Himmelsbürger haben wir Besitzansprüche im Himmel.
· Als Himmelsbürger genießen wir die Vergnügungen des Himmels.
· Als Himmelsbürger lieben wir den Himmel und fühlen uns dort zugehörig.
· Als Himmelsbürger bleiben wir in Kontakt mit unserer Heimat.
iv. “Wie herzlich singen die Deutschen vom guten alten Vaterland; aber sie können – mit all ihrem germanischen Patriotismus – nicht das lebhafte Glühen des britischen Herzens überbieten, wenn es an sein Vaterland denkt. Auch der Schotte erinnert sich – egal, wo er auch gerade ist – an das Land der ‘Heide und Wälder’. Und auch der Ire, wo er auch sei, sieht in der smaragdgrünen Insel das erste Kleinod des Meeres. Es ist richtig, dass der Patriot sein Land lieben soll. Flammt nicht auch unsere Liebe glühend Richtung Himmel?” (Spurgeon)
v. Es gibt weitreichende Unterschiede zwischen den Bürgern der Erde, wie sie in Philipper 3,18-19 beschrieben werden, und den Bürgern des Himmels, wie sie in Philipper 3,20-21 beschrieben werden.
b. Von woher wir auch den Herrn Jesus Christus als Retter erwarten:
Wie die Philipper einen Besuch des Kaisers aus Rom sehnlichst erwarten würden, so sollten Christen noch viel sehnlicher auf die Ankunft ihres Königs, Jesus Christus, warten.
i. Retter war ein Titel, der den Cäsaren gegeben wurde. Im Jahr 48 v. Chr. wurde Julius Cäsar zum “universellen Retter der Menschheit” ernannt. Danach war dies ein üblicher Titel des regierenden Kaisers. Paulus hat das im Blick, wenn er diesen Titel Jesus gibt im Kontext des Themas der Bürgerrechte.
c. Den Herrn Jesus Christus: Der Titel Herr wurde ebenso dem römischen Kaiser verliehen. Nicht lange nach der Zeit des Paulus wurden Christen dafür hingerichtet, dass sie sich weigerten, den Kaiser Herr zu nennen, da sie allein Jesus als Herrn anerkannten.
4. (21) Das zukünftige Werk unseres Retters: die Verwandlung unserer Körper.
Der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird und seinem Leib der Herrlichkeit gleichförmig machen wird, nach der wirksamen Kraft, mit der er vermag, auch alle Dinge sich zu unterwerfen.
a. Der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird und seinem Leib der Herrlichkeit gleichförmig machen wird: Unser Retter kann und wird etwas tun, was kein Kaiser vermag. Wenn wir auferstanden sind, dann werden wir die gleiche Art von Körper haben wie Jesus, als er auferstanden war.
i. Jesus wurde nicht einfach im gleichen Leib aus den Toten wiederbelebt. Er wurde auferweckt in einem neuen Körper, dem alten Körper nachgebildet aber ausgestattet und passend für den Himmel.
b. Nach der wirksamen Kraft, mit der er vermag, auch alle Dinge sich zu unterwerfen: Das ist nur deshalb möglich, weil der Gott, dem wir dienen, allmächtig ist. Er vermag auch alle Dinge sich zu unterwerfen und etwas so erstaunliches zu bewerkstelligen wie die Auferweckung unserer Körper nach dem Muster der Auferweckung Jesu.
i. Jesus kann sich wirklich alle Dinge unterwerfen. „Es mag in deinem Herzen Sünden geben, die sich lange deiner Kontrolle entzogen. Tu mit ihnen, was du willst, sie widersetzen sich dir. … Aber wenn du diesen Konflikt an Jesus übergibst, wird er sie unterwerfen; er wird sie unter seine starke unterwerfende Hand bringen. Sei zuversichtlich. Was du nicht tun kannst, er kann es.“ (Meyer)
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