Hebräer 6 – Eine Warnung an entmutigte Gläubige
A. Die grundlegende Natur der Reife.
1. (1a) Über die Grundlagen hinaus gehen.
Darum wollen wir die Anfangsgründe des Wortes von Christus lassen und zur vollen Reife übergehen.
a. Darum: Der Autor ermahnt seine Leser wegen ihrer geistlichen Unreife, aber er wusste auch, dass dadurch, dass er sie als unreife Menschen behandelt, nichts gewonnen wird. Deswegen wandte er sich anderen Gedanken zu.
b. Anfangsgründe des Wortes: Dies ist grundlegendes Wissen, wie z.B. das ABC: Elementare Wissensbausteine, die notwendig sind, aber auf die weiteres Wissen aufgebaut werden muss, ansonsten existiert nur die Grundlage ohne Struktur. Marika fragen, wo Einfügung.
c. Vollen Reife: Hier wird das griechische Wort teleiotes verwandt, das die Schlachterübersetzung richtig mit „volle Reife“ übersetzt. Der Verfasser des Hebräerbriefes möchte nicht vermitteln, dass wir auf dieser Seite der Ewigkeit Vollkommenheit erreichen können, sondern dass wir eine volle Reife in Jesus erreichen können und auch sollten. Daher ist die Aufforderung ganz simpel: Lasst uns zur vollen Reife übergehen.
i. „Teleiotes beschreibt nicht vollständiges Wissen, sondern eine gewisse Reife im christlichen Glauben“. (Barclay)
2. (1b-2) Einige der „Grundlagen“, die überwunden werden müssen.
Wobei wir nicht nochmals den Grund legen mit der Buße von toten Werken und dem Glauben an Gott, mit der Lehre von Waschungen, von der Handauflegung, der Totenauferstehung und dem ewigen Gericht.
a. Wobei wir nicht nochmals den Grund legen: Diese „Grundlagen“ werden in drei Paaren aufgezählt. Buße und Glauben gehören zusammen. Waschungen und die Lehre von der Handauflegung bilden ein Paar und auch die Totenauferstehung und das ewige Gericht gehören zusammen.
b. Wobei wir nicht nochmals den Grund legen: Viele betrachten dies als eine biblische Aufzählung wichtiger „Grundlagen“ für Christen. Thematisch aufeinander aufbauende Bibelstunden wurden mit dem Gedanken gehalten, dass dies eine gute Liste mit biblischen Lehrgrundsätzen sei. Aber das ist überhaupt nicht das, was der Verfasser des Hebräerbriefes hiermit aufzeigen möchte.
i. Um diese Aufzählung verstehen zu können, muss man grundlegende Fragen stellen:
· Was ist in dieser Liste unverwechselbar christlich?
· Wo ist die ausdrückliche Erwähnung Jesu oder der Errettung durch Gnade allein?
· Kann man diese Dinge glauben oder praktizieren und trotzdem kein Nachfolger Jesu Christi sein und nicht glauben, dass er der Messias ist?
ii. „Wenn wir die Inhalte dieses „ABC’s“ einzeln betrachten, ist es bemerkenswert, wie wenig daran unverwechselbar christlich ist. Praktisch jeder Punkt dieser Aufzählung ließe sich auch in einer normalen orthodoxen jüdischen Gemeinschaft finden. (…) Jeder dieser Punkte erlangt, vom christlichen Standpunkt aus betrachtet, eine neue Bedeutung, trotzdem wird hier der Eindruck vermittelt, dass bestehende jüdische Glaubensgrundsätze und Handlungen als Grundlagen genutzt werden, auf die die christliche Wahrheit aufgebaut wird“. (Bruce)
c. Mit der Lehre von Waschungen: Nicht einmal die Waschungen, von denen hier die Rede ist, sind eindeutig christlich. Das griechische Wort baptismos, das hier mit Waschungen übersetzt ist, ist nicht dasselbe Wort, das im Neuen Testament verwandt wird, um christliche Taufen (baptizo) zu beschreiben. Baptismos wird nur bei drei speziellen Gelegenheiten verwandt, um zeremonielle jüdische Waschungen zu beschreiben (Hebräer 9,10; Markus 7,4 und Markus 7,8).
i. Bruce zitiert Nairne: „‚Lehre von Waschungen’ – wie unnatürlich sind die Versuche, diesen Plural auf die christliche Taufe zu beziehen“.
d. Den Grund: In diesem Fall sind die Anfangsgründe, die überwunden werden sollen, Elemente des gemeinsamen Hintergrunds zwischen Christentum und Judentum. Dies war die sichere gemeinsame Basis für diese entmutigten jüdischen Christen, auf die sie sich zurückfallen lassen konnten.
i. Weil das Christentum aus dem Judentum entstanden ist, war es eine subtilere Versuchung für einen jüdischen Christen, sich zurück zum Judentum zu wenden, als für einen heidnischen Christen, zu seinem heidnischen Ursprung zurückzukehren. „Teil des Problems, dem die Hebräer gegenüberstanden, waren die oberflächlichen Gemeinsamkeiten zwischen den grundlegenden Lehren des Christentums und denen des Judentums, die dazu führten, dass die jüdischen Christen dachten, sie könnten an beiden festhalten“. (Guthrie)
ii. Natürlich wollten diese jüdischen Christen sich nicht von der Religion abwenden, aber sie wollten sie weniger unverwechselbar christlich machen. Sie kehrten also zurück zu den gemeinsamen Grundlagen, um Verfolgung zu vermeiden. Wer sich an diese bequemen, gemeinsamen Grundlagen hielt, stach nicht so sehr aus der Menge hervor. Ein Jude und ein Christ konnten gemeinsam sagen: „Lasst uns Buße tun, lasst uns glauben, lasst uns zeremonielle Waschungen ausüben“ und so weiter. Aber dies war eine subtile Verleugnung Jesu.
iii. Das ist sehr charakteristisch für solche, die sich entmutigt fühlen und am liebsten aufgeben würden. Die Versuchung, weiterhin religiös, aber nicht so „fanatisch“ über Jesus zu sein, besteht immer.
3. (3) Eine Aussage der Hoffnung und der Abhängigkeit von Gott.
Und das wollen wir tun, wenn Gott es zulässt.
a. Wenn Gott es zulässt: Dies darf nicht so verstanden werden, als ob Gott vielleicht gar nicht wollte, dass sie reifer würden und diese gemeinsamen Grundlagen zwischen Christentum und Judentum überwänden.
b. Wenn Gott es zulässt: Stattdessen drückt dies die vollständige Abhängigkeit des Gläubigen von Gott aus. Wenn wir nach der Reife streben, muss uns klar sein, dass alles von Gottes Wohlgefallen abhängt.
B. Die Gefahr des Abfalls.
Vorwort: Die Herangehensweise an umstrittene Bibelabschnitte wie diesen verstehen.
a. Es besteht die große Versuchung, schwierige Abschnitte in das, was wir denken, was sie sagen sollten, umzuformen, je nach unserer theologischen Auffassung oder Prägung. Trotzdem müssen wir zuerst dafür sorgen, dass wir verstehen, was der Text aussagt (Exegese), bevor wir uns darum bemühen, seine Aussagen in ein theologisches Paradigma einzufügen.
b. Theologische Paradigmen haben ihren Wert, weil sie aufzeigen, wie biblische Ideen verbunden sind und dass die Bibel sich nicht widerspricht. Aber der Weg zu richtigen Paradigmen beginnt mit dem richtigen Verständnis des Textes und nicht mit dem Versuch, den Text in ein Paradigma zu pressen.
i. „Wir kommen zu diesem Abschnitt mit der Absicht, ihn mit der Schlichtheit eines Kindes zu lesen und alles, was wir dort finden, als Wahrheit festzulegen. Sollte diese Bibelstelle mit etwas, an dem wir zuvor festgehalten haben, nicht übereinstimmen, sind wir darauf vorbereitet, jeder eigenen Lehrmeinung zu entsagen, aber wir wollen und können auch nicht den kleinsten Teil der Schrift außer Acht lassen“. (Spurgeon)
ii. „Wir sollten besser inkonsequent mit uns selbst sein, als mit dem eingegebenen Wort. Man hat mich schon als arminianistischen Calvinisten oder calvinistischen Arminianisten bezeichnet und ich bin damit ziemlich zufrieden, solange ich mich ganz an meine Bibel halten kann“. (Spurgeon)
c. Satan kennt die Schrift und die folgenden Verse sind zu Recht als „eine der Lieblingsbibelstellen des Teufels“ bezeichnet worden, weil sie – aus dem Zusammenhang gerissen – den mit dem Leben als Christ kämpfenden Gläubigen verdammen. Viele Christen wollen am liebsten aufgeben, nachdem sie Satan zugehört haben, wie er ihnen „eine Predigt“ über diesen Abschnitt gehalten hat.
1. (4-6) Die Unmöglichkeit der Buße für die, die abfallen, nachdem sie Gottes Segnungen empfangen haben.
Denn es ist unmöglich, die, welche einmal erleuchtet worden sind und die himmlische Gabe geschmeckt haben und des Heiligen Geistes teilhaftig geworden sind und das gute Wort Gottes geschmeckt haben, dazu die Kräfte der zukünftigen Weltzeit, und die dann abgefallen sind, wieder zur Buße zu erneuern, da sie für sich selbst den Sohn Gottes wiederum kreuzigen und zum Gespött machen!
a. Denn es ist unmöglich: Das Wort „unmöglich“ wird hier besonders betont. Der Verfasser des Briefes an die Hebräer sagt nicht, dass es nur schwierig ist, sondern er sagt, dass keine Möglichkeit besteht.
i. Bemerke die weitere Verwendung des Wortes “unmöglich“ im Hebräerbrief:
· Es ist unmöglich für Gott zu lügen (Hebräer 6,18).
· Es ist unmöglich, dass das Blut von Stieren und Böcken Sünden wegnehmen kann (Hebräer 10,4).
· Es ist unmöglich, Gott ohne Glauben wohlzugefallen (Hebräer 11,6).
ii. „Das Wort ‚unmöglich’ steht unveränderlich“. (Alford)
b. Welche einmal erleuchtet worden sind und die himmlische Gabe geschmeckt haben und des Heiligen Geistes teilhaftig geworden sind und das gute Wort Gottes geschmeckt haben, dazu die Kräfte der zukünftigen Weltzeit: Der Verfasser des Hebräerbriefs spricht von Menschen mit beeindruckenden geistlichen Erlebnissen. Die große Frage ist, ob es sich um das Erlebnis der Errettung oder das Erlebnis von etwas Geringerem als der Errettung handelt. Um zu erkennen, welche Art Erlebnis hier gemeint ist, ist es hilfreich, jedes beschreibende Wort zu untersuchen.
i. Erleuchtet: Dieses griechische Wort hat die gleiche Bedeutung wie das deutsche Wort; es beschreibt jemanden, auf den Lichtstrahlen treffen; beschreibt ein „neues Licht“, das auf Verstand und Geist fällt.
ii. Geschmeckt: Der Gedanke des „Schmeckens“ könnte auch bedeuten, etwas auszuprobieren. Aber andere Stellen, an denen dieses Wort gebraucht wird, lassen darauf schließen, dass es ein ganzheitliches, echtes Erlebnis ist, so, wie Jesus den Tod schmeckte (Hebräer 2,9). Die himmlische Gabe ist vermutlich die Errettung (wie in Römer 6,23 und Epheser 2,8).
iii. Des Heiligen Geistes teilhaftig geworden: Dies ist ein einzigartiger Ausdruck im Neuen Testament. Es bedeutet, „Teil“ am Heiligen Geist zu haben und meint das Empfangen des Heiligen Geistes und die Gemeinschaft mit ihm.
iv. Das gute Wort Gottes geschmeckt haben: Dies bedeutet, dass sie erfahren haben, dass das Wort Gottes gut ist und dass sie erlebt haben, wie diese Güte in ihnen wirkt.
v. Die Kräfte der zukünftigen Weltzeit: Dies ist eine Möglichkeit, Gottes übermächtige Kräfte zu beschreiben. Der Verfasser des Briefes an die Hebräer beschreibt Menschen, die Gottes übermächtige Kräfte erfahren haben.
c. Die dann abgefallen sind, wieder zur Buße zu erneuern:Eine der hitzigsten Debatten über das Neue Testament konzentriert sich auf diesen Text. Die Frage ist einfach: Sind diese Menschen mit ihren beeindruckenden geistlichen Erfahrungen wirklich Christen? Sind sie Gottes Auserwählte, vor der Grundlegung der Welt erwählt?
i. Ausleger sind bei diesem Thema geteilter Ansicht. In der Regel treffen sie ihre Meinung mit großer Überzeugung, aber doch ohne miteinander übereinzustimmen.
ii. Auf der einen Seite sehen wir deutlich, dass jemand große geistliche Erlebnisse haben kann, ohne jedoch errettet zu sein (Matthäus 7,21-23). Man kann auch viele religiöse Dinge tun, ohne errettet zu sein. Ein gutes Beispiel für dieses Prinzip sind die Pharisäer im Neuen Testament. Diese Männer taten viele religiöse Dinge, waren aber weder gerettet noch Gott wirklich hingegeben. Die damaligen Pharisäer:
· evangelisierten voller Elan (Matthäus 23,15).
· beteten auf beeindruckende Art und Weise (Matthäus 23,14).
· verpflichteten sich zu drastischem religiösen Einsatz (Matthäus 23,16).
· gaben ganz strikt und sorgfältig ihren Zehnten (Matthäus 23,23).
· ehrten religiöse Traditionen (Matthäus 23,29-31).
· fasteten regelmäßig (Lukas 18,12).
· und doch nannte Jesus sie Kinder der Hölle (Matthäus 23,15).
iii. Trotzdem ist es aus menschlicher Sicht unmöglich zu sagen, dass jemand, auf den die Merkmale aus Hebräer 6,4-5 zutreffen, kein wahrer Christ ist. Gott kennt ihr endgültiges Schicksal und hoffentlich kennen es die Einzelnen auch. Dem äußeren Anschein nach qualifizieren solche christlichen Erlebnisse einen Mann vielleicht dazu, Ältester in vielen Gemeinden zu werden. Nur Gott in seiner Weisheit und die besagte Person kennen die Wahrheit; aus menschlicher Perspektive müssen wir sagen, dass die, von denen in Hebräer 6,4-5 gesprochen wird, Christen sind. Ein gutes Beispiel dafür ist Demas.
· Paulus grüßte andere Christen herzlich in seinem Namen (Kolosser 4,14).
· Demas wird Mitarbeiter des Paulus genannt (Philemon 24).
· Und doch verurteilte Paulus Demas und gibt zumindest einen Hinweis auf seinen Abfall (2.Timotheus 4,10).
iv. All dies zeigt uns, dass es möglich ist, Frucht oder geistliches Wachstum zu zeigen und dann doch – geistlich gesehen – zu sterben; der „Boden des Herzens“ war nicht gut (Markus 4,16-19).
v. Deswegen ist der ewige Zustand derer, von denen in Hebräer 6,4-6 gesprochen wird, eine Frage mit zwei Antworten. Wir können sicher sagen, dass sie aus menschlicher Sicht alle Anzeichen der Errettung aufwiesen. Trotzdem ist es, von Gottes Perspektive der vollkommener Weisheit her gesehen, unmöglich, dies auf dieser Seite der Ewigkeit mit Gewissheit zu sagen.
d. Denn es ist unmöglich … die dann abgefallen sind, wieder zur Buße zu erneuern: Trotz der beeindruckenden geistlichen Erfahrungen, die sie scheinbar gemacht haben, sind sie in ernster Gefahr. Wenn sie abgefallen sind, ist es für sie unmöglich, Buße zu tun.
i. Falls dies aufrichtige Christen sind, die „ihre Errettung verloren“ haben, gilt die schreckliche Tatsache, dass sie sie niemals wieder erlangen können. In den neu entstandenen Gemeinden des 1. Jahrhunderts nutzten dies einige Gruppen (wie z.B. die Montanisten und die Novatianisten) um zu lehren, dass jemand, der nach seiner Taufe eine schwerwiegende Sünde beging, nicht die Möglichkeit hatte umzukehren.
ii. Andere erklärten diesen Abschnitt damit, dass es nur eine hypothetische Warnung (im Lichte der Aussage in Hebräer 6,9) sei. Diesem Erklärungsversuch zufolge hatte der Verfasser des Hebräerbriefes niemals die Absicht zu sagen, dass seine Leser in der Gefahr der Verdammnis standen. Er benutzte eine rein hypothetische Gefahr, um sie zu motivieren. Wie dem auch sei, man muss zugeben, dass es von zweifelhaftem Wert ist, jemanden vor etwas zu warnen, dass nicht geschehen kann.
iii. Wieder andere denken, dass es bei dieser Strafe nur um Belohnung geht, nicht um die Errettung selbst. Sie betonen, dass es in diesem Abschnitt heißt, dass Buße tun unmöglich ist, nicht die Errettung. Daher warne dieser Text Christen, die Gott nicht hingegeben sind, dass sie den Verlust der himmlischen Belohnung riskieren und dass sie nur „um Haaresbreite“ errettet sind.
iv. Diesen schwierigen Abschnitt kann man am besten im Zusammenhang mit Hebräer 6,1-2 verstehen. Der Verfasser des Briefes an die Hebräer meint, dass alle religiöse „Buße“ der Welt denen nicht hilft, die zum Judentum zurückkehren. Sich vom Christsein abzuwenden und zurück zu den „sicheren“ Ideen und Gebräuchen ihrer früheren religiösen Erfahrungen zu gehen, bedeutet, Jesus zu verlassen und ihn tatsächlich noch einmal zu kreuzigen. Das galt besonders für Christen mit jüdischem Hintergrund, weil die religiösen Gebräuche, die sie wieder aufnahmen, Tieropfer beinhalteten, durch die man hoffte, Erlösung von Sünden zu erlangen. Damit leugneten sie das vollständige und endgültige Werk Jesu am Kreuz.
e. Die dann abgefallen sind: Es ist notwendig, zwischen „Fallen“ und „Abfallen“ zu unterscheiden. „Abfallen“ ist mehr als in Sünde zu fallen; es bedeutet, sich von Jesus selbst abzuwenden. „Denn der Gerechte fällt siebenmal und steht wieder auf, aber die Gottlosen stürzen nieder im Unglück“ (Sprüche 24,16). Das ist der Unterschied zwischen einem Petrus und einem Judas. Wenn du dich von Jesus abwendest (abfällst), gibt es keine Hoffnung.
i. Die Botschaft an diese Christen, die am liebsten aufgeben wollten, ist klar: Wenn du nicht mit Jesus weitergehst, darfst du nicht denken, dass du dadurch errettet wirst, dass du an den Vorstellungen und Erlebnissen festhältst, die das Christentum und das Judentum gemeinsam haben. Wenn du nicht in Jesus gerettet bist, bist du überhaupt nicht gerettet. Es gibt keine Errettung durch eine „gemeinsame Basis“, die nicht unverwechselbar christlich ist.
ii. Wenn jemand abfällt, müssen wir verstehen, warum er nicht Buße tun kann: weil er nicht will. Es ist nicht so, dass Gott seine Buße verbietet. Weil die Buße selbst ein Werk Gottes ist (Römer 2,4), ist das Verlangen danach Buße zu tun Beweis dafür, dass diese Person nicht wirklich abgefallen ist.
iii. Dass bedeutet nicht, dass jemand, der abgefallen ist, niemals zu Jesus zurückkommen kann. Der Gedanke hier ist: „Wenn du Jesus den Rücken zukehrst, dann erwarte nicht, irgendwo anders Errettung finden zu können, ganz besonders nicht in der Ausübung einer Religion außerhalb der Fülle Jesu“.
iv. „Dieser Abschnitt gilt nicht für die, die Angst davor haben, sie könnten verdammt sein. Die Anwesenheit dieser Sorge zeigt ohne jeden Zweifel, dass man nicht zu denen gehört, die abgefallen sind und keine Möglichkeit des Neuanfangs durch die Buße haben. Genauso, wie zur Zeit Salomos die wahre Kindsmutter durch ihre aufrichtige Klage und Trauer identifiziert werden konnte, identifiziert diese Angst vor der Verdammnis einen wahren Christen“. (Meyer)
2. (7-8) Die ernsten Konsequenzen des Abfallens werden geschildert.
Denn ein Erdreich, das den Regen trinkt, der sich öfters darüber ergießt, und nützliches Gewächs hervorbringt denen, für die es bebaut wird, empfängt Segen von Gott; dasjenige aber, das Dornen und Disteln trägt, ist untauglich und dem Fluch nahe; es wird am Ende verbrannt.
a. Denn ein Erdreich, das den Regen trinkt, … und nützliches Gewächs hervorbringt … empfängt Segen von Gott: Wenn das Erdreich Regen trinkt und nützliches Gewächs hervorbringt, erfüllt es seinen Zweck und rechtfertigt den Segen, den der Regen, der über es ausgegossen wird, darstellt. Der Verfasser des Briefes an die Hebräer überträgt diese Tatsache auf ganz praktische Art und Weise auf seine Leser: „Ihr seid gesegnet. Aber wo ist die Frucht?“ Gott schaut nach dem, was in uns wächst, nachdem er uns gesegnet hat und er hält besonders nach Anzeichen der Reife Ausschau.
b. Dasjenige aber, das Dornen und Disteln trägt, ist untauglich: Wenn Boden, der mit Regen gesegnet ist, sich weigert Frucht zu tragen, verurteilt niemand den Bauern, wenn er das Feld abbrennt. Dies zeigt uns, dass Wachstum und Frucht tragen wichtig sind, weil sie uns davon abhalten abzufallen. Wenn wir wirklich Frucht bringen, bleiben wir in Jesus (Johannes 15,5) und stehen nicht in der Gefahr abzufallen.
C. Seid nicht entmutigt.
1. (9) Der Autor gibt zu, dass er etwas härter ist, als es notwendig wäre.
Wir sind aber überzeugt, ihr Geliebten, dass euer Zustand besser ist und mit der Errettung verbunden ist, obgleich wir so reden.
a. Wir sind aber überzeugt, ihr Geliebten, dass euer Zustand besser ist: Obwohl er solch ernste Worte gebraucht hatte, war der Verfasser des Briefes zuversichtlich, dass seine Leser weiter mit Jesus gehen würden. Er sieht ihr Ausharren im Glauben als eine Begleiterscheinung ihrer Errettung an.
b. Obgleich wir so reden: Diese ermutigenden Worte gleich nach der starken Warnung in Hebräer 6,4-8 sollten nicht so verstanden werden, als sei die Warnung in den vorigen Versen nicht ernst gemeint oder als warne der Verfasser vor unmöglichen Konsequenzen. Wenn überhaupt, zeigt Vers 9 auf, wie sehr diese zweifelnden Christen Ermutigung nötig hatten. Die geistliche Gefahr, in der sie sich befanden, war nicht durch absichtliche Rebellion, sondern durch Entmutigung entstanden. Sie mussten gewarnt werden, aber genauso sehr mussten sie auch ermutigt werden.
2. (10-12) Seid nicht entmutigt: Gott hat euch nicht vergessen.
Denn Gott ist nicht ungerecht, dass er euer Werk und die Arbeit der Liebe vergäße, die ihr für seinen Namen bewiesen habt, indem ihr den Heiligen dientet und noch dient. Wir wünschen aber, dass jeder von euch denselben Eifer beweise, so dass ihr die Hoffnung mit voller Gewissheit festhaltet bis ans Ende, damit ihr ja nicht trägt werdet, sondern Nachfolger derer, die durch Glauben und Geduld die Verheißungen erben.
a. Denn Gott ist nicht ungerecht, dass er euer Werk und die Arbeit der Liebe vergäße: Wenn wir entmutigt sind, denken wir oft, dass Gott uns und alles, was wir für ihn und seine Kinder getan haben, vergessen hat. Aber Gott würde seine eigene Natur verleugnen, wenn er solche Dinge vergessen würde (er wäre ungerecht). Gott sieht und erinnert sich.
i. Manchmal kommt unsere Angst davor, dass Gott unser Werk und die Arbeit der Liebe vergäße, daher, dass wir uns auf die Aufmerksamkeit und den Applaus von Menschen verlassen. Es stimmt, dass manche Menschenunser Werk und die Arbeit der Liebe vergessen; aber Gott wird dies niemals tun.
b. Wir wünschen aber, dass jeder von euch denselben Eifer beweise, so dass ihr die Hoffnung mit voller Gewissheit festhaltet bis ans Ende: Der Verfasser des Hebräerbriefes ermutigt wie ein Trainer, der uns zum Weitermachen anspornt. Wir müssen mit unseren guten Werken fortfahren, in dieser Hoffnung bis ans Ende vorwärtsgehen und die imitieren, die Gottes Verheißungen erben (nicht: verdienen). Wenn wir dies nicht tun, macht uns die Entmutigung oft träge.
c. Sondern Nachfolger derer, die durch Glauben und Geduld die Verheißungen erben: Folgt denen nach, die den Schlüssel zur Erlangung der Verheißungen Gottes gefunden haben: Glaube und Geduld, wie sie von Abraham gezeigt werden.
i. Wir sind dankbar, dass wir Abrahams Zeugnis kennen und wissen dürfen, dass er keinen perfekten Glauben oder vollkommene Geduld hatte. Wenn Abraham unsere Schwächen teilte, können wir auch seinen Glauben und seine Geduld teilen.
d. Damit ihr ja nicht träge werdet: Der Gedanke hier ist, dass wir nicht zulassen dürfen, dass Entmutigung uns träge macht und wir dann denken, wir könnten ebenso gut aufgeben. Zuerst verlieren wir den Wunsch voranzustreben, dann den Wunsch weiterzugehen.
i. David ging sehr gut mit Entmutigungen um: „David aber stärkte sich in dem HERRN, seinem Gott“ (1.Samuel 30,6). Es ist ein Segen, wenn andere uns ermutigen, aber darauf müssen wir nicht warten. Wir können uns selbst im Herrn stärken.
3. (13-18) Seid nicht entmutigt, denn Gottes Verheißungen sind zuverlässig.
Denn als Gott dem Abraham die Verheißung gab, schwor er, da er bei keinem Größeren schwören konnte, bei sich selbst und sprach: „Wahrlich, ich will dich reichlich segnen und mächtig mehren“. Und da jener auf diese Weise geduldig wartete, erlangte er die Verheißung. Denn Menschen schwören ja bei einem Größeren und für sie ist der Eid das Ende alles Widerspruchs und dient als Bürgschaft. Darum hat Gott, als er den Erben der Verheißung in noch stärkerem Maße beweisen wollte, wie unabänderlich sein Ratschluss ist, sich mit einem Eid verbürgt, damit wir durch zwei unabänderliche Handlungen, in denen Gott unmöglich lügen konnte, eine starke Ermutigung haben, wir, die wir unsere Zuflucht dazu genommen haben, die dargebotene Hoffnung zu ergreifen.
a. Und da jener auf diese Weise geduldig wartete: Eine Zeit des geduldigen Ausharrens ist eine Zeit geistlicher Angriffe. Es scheint, als ob wir die Verheißung Gottes in unserem Leben vielleicht niemals erlangen können. Man fragt sich dann leicht: „Wird Gott wirklich in meine Situation eingreifen?“
b. Und da jener auf diese Weise geduldig wartete, erlangte er die Verheißung: Gott griff ein und besiegelte seine Verheißung sogar mit einem Eid. Und weil er bei keinem Größeren schwören konnte, schwor er bei sich selbst. Dieser Eid zeigte, dass Gottes Verheißungen (genau wie sein Charakter) unveränderlich sind. Abrahams Vertrauen in diese Tatsache war der Weg zur Erfüllung der Verheißung.
i. „Dieser Abschnitt lehrt uns, (…) dass es angemessen für einen Christen sein kann, einen Eid zu leisten. Das sollten wir festhalten, besonders angesichts der Tatsache, dass einige Fanatiker scheinbar entschlossen sind, jegliches Eid ablegen, das Gott doch in seinem Wort eingesetzt hat, abzuschaffen“. (Calvin)
c. Damit wir durch zwei unabänderliche Handlungen, in denen Gott unmöglich lügen konnte, eine starke Ermutigung haben: Diese zwei unabänderlichen Handlungen sind Gottes Verheißung und Gottes Schwur. Es ist für Gott unmöglich, in einem dieser beiden Dinge zu lügen. In seiner Verheißung und seinem Schwur kann Gott unmöglichlügen.
i. Die absolute Zuverlässigkeit der Verheißungen Gottes sollte uns beeindrucken. „Nun, Brüder, wer unter uns wagt es, dies anzuzweifeln? Wo ist der kühne Sünder, der sich traut, hier nach vorne zu kommen und zu sagen: ‚Ich bestreite Gottes Schwur?’ Oh! Lasst uns voller Scham so stark erröten, dass scharlachrot verglichen damit weiß erscheint. Wer könnte sich vorstellen, dass Gottes Kinder ihren himmlischen Vater des Meineids anklagen. Oh, Schande über uns!“ (Spurgeon)
d. Starke Ermutigung (Rev. Elberfelder Bibelübersetzung: „starker Trost“): Gott ist nicht damit zufrieden, uns einfach nur zu trösten. Er möchte uns stark trösten. Spurgeon beschreibt die Merkmale des starken Trostes:
· Starker Trost ist nicht von körperlicher Gesundheit abhängig.
· Starker Trost ist nicht abhängig von der Begeisterung des Dienstes in der Öffentlichkeit.
· Starker Trost kann nicht von menschlicher Argumentation erschüttert werden.
· Starker Trost ist stärker als unser schuldiges Gewissen.
i. „Es ist ein starker Trost, der in Zeiten äußerlicher Anfechtungen ausgeteilt wird: wenn ein Mann der Armut ins Gesicht blickt und hören muss, wie seine kleinen Kinder um Brot betteln. Wenn Bankrott aufgrund unvermeidlicher Verluste droht; wenn der arme Mann gerade seine Frau verloren hat und auch seine Kinder ins gleiche Grab gelegt worden sind; wenn nach und nach seine irdischen Stützen und Annehmlichkeiten weggefallen sind. Dann braucht es starken Trost. Nicht nur in den möglichen Anfechtungen, sondern in den realen Anfechtungen; nicht in den möglichen Bedrängnissen, sondern in den realen Bedrängnissen und in den starken Stürmen des Lebens. Freue dich dann und sage: ‚Obwohl ich diese Dinge nicht so gewählt hätte, hat er doch mit mir einen ewigen Bund geschlossen, der alle Dinge umfasst.’ Ich bin sicher, dies ist starker Trost“. (Spurgeon)
e. Die wir unsere Zuflucht dazu genommen haben, die dargebotene Hoffnung zu ergreifen: Dies ist ein weiterer Grund ermutigt zu sein; wir haben die Gewissheit, dass Gott eine Zuflucht der Hoffnungdargeboten hat. Wir können uns diese Zuflucht der Hoffnung wie die Zufluchtsstädte vorstellen, die im Gesetz des Mose geschaffen wurde und die in 4.Mose 35 beschrieben werden.
· Beide, Jesus und die Zufluchtsstädte sind für Hilfe suchende Menschen leicht zu erreichen. Ein Zufluchtsort ist nutzlos, wenn er nicht erreichbar ist.
· Beide, Jesus und die Zufluchtsstädte sind erreichbar für alle, nicht nur für die Israeliten. Niemand, der in Zeiten der Not zum Zufluchtsort kommt, wird weggeschickt.
· Beide, Jesus und die Zufluchtsstädte waren Orte zum Leben. In Zeiten der Not kam niemand in eine Zufluchtsstadt, um sich einfach einmal umzusehen.
· Beide, Jesus und die Zufluchtsstädte sind die einzige Alternative für Menschen in Not. Ohne diese Zuflucht ist der Untergang sicher.
· Beide, Jesus und die Zufluchtsstädte ermöglichen nur innerhalb ihrer Grenzen Schutz. Sich außerhalb der Grenzen aufzuhalten bedeutet Tod.
· Beide, Jesus und die Zufluchtsstädte bieten völlige Freiheit mit dem Tod des Hohenpriesters.
· Trotzdem gibt es einen entscheidenden Unterschied zwischen Jesus und den Zufluchtsstädten. Die Zufluchtsstädte halfen nur den Unschuldigen. Jesus aber nimmt die Schuldigen auf und bietet ihnen Zuflucht.
4. (19-20) Seid nicht entmutigt, weil Jesus uns in die Herrlichkeit des Vaters führen wird.
Diese [Hoffnung] halten wir fest als einen sicheren und festen Anker der Seele, der auch hineinreicht ins Innere, hinter den Vorhang, wohin Jesus als Vorläufer für uns eingegangen ist, der Hoherpriester in Ewigkeit geworden ist nach der Weise Melchisedeks.
a. Diese Hoffnung halten wir fest als einen (…) Anker der Seele: Der Anker war in der antiken Welt ein bekanntes Bild für Hoffnung. Der Autor will hier verdeutlichen, dass wir in etwas Sicherem, aber Unsichtbaren verankert sind (das in die Gegenwart hinter dem Vorhang eingeht).
i. Für ruhige Gewässer braucht man keinen Anker. Je rauer das Wetter, desto wichtiger ist ein Anker.
· Wir brauchen einen Anker, um das Schiff zu halten, damit es nicht untergehen kann.
· Wir brauchen einen Anker, um das Schiff zu stabilisieren und um den Aufenthalt für die Menschen an Bord angenehmer zu machen.
· Wir brauchen einen Anker, damit das Schiff die erreichte Fahrdistanz nicht wieder verliert.
ii. Das Schiff muss am Anker „festhalten“, wie wir an der Hoffnung festhalten müssen. Der Anker selbst muss guten Halt im Meeresboden haben, aber wenn er nicht zugleich auch sicher am Schiff befestigt ist, ist er nutzlos. In gewissem Sinne hat der Anker das Schiff „ergriffen“, so wie die Hoffnung uns „ergriffen“ hat.
iii. Aber das Bild des Ankers passt nur bedingt. Wir sind oben im Himmel verankert, nicht unten im Boden und wir sind verankert, um weiterzugehen, nicht um stillzustehen.
iv. „Unser Anker ist wie jeder andere nur von Nutzen, wenn wir ihn nicht sehen können. Wenn man den Anker sehen kann, nützt er nichts, es sei denn, er liegt in seichtem Gewässer. Der Anker ist nur von Nutzen, wenn er nicht da ist: er ist mit einem Platschen über Bord gegangen, tief nach unten, liegt dort mitten unter den Fischen und ist nicht sichtbar. Wo ist deine Hoffnung, Bruder? Glaubst du, weil du siehst? Das ist überhaupt kein Glaube“. (Spurgeon)
b. Der auch hineinreicht ins Innere, hinter den Vorhang, wohin der Vorläufer für uns eingegangen ist: Diese zuversichtliche, ankergleiche Hoffnung lässt uns in das Innere Gottes sehen. Hoffnung ist genau die Medizin, die entmutigte Christen brauchen.
c. Jesus als Vorläufer: Wir können gewiss sein, dass wir in die Gegenwart Gottes kommen können, weil Jesus als Vorläufer dort eingegangen ist. Die Hohenpriester im Alten Testament gingen nicht als Vorläufer, sondern nur als Repräsentanten hinter den Vorhang. Aber Jesus ist in das Innere (die Gegenwart) Gottes des Vaters eingegangen, so dass sein Volk ihm dorthin folgen kann.
i. Ein Vorläufer (griech. prodromos) war Teil eines militärischen Spähtrupps. Ein Vorläufer geht nach vorn und weiß, dass andere ihm folgen werden.
ii. „Als nächstes erfahren wir, dass unser Herr als Vorläufer für uns eingegangen ist. Es bedeutet, dass er eingegangen ist, um alles in unserem Namen in Besitz zu nehmen. Als Jesus Christus in den Himmel ging, war es so, als schaue er sich alle Throne, alle Palmen, alle Harfen und alle Kronen an und als ob er sagen würde: ‚Ich nehme all dies im Namen meiner Erlösten in Besitz. Ich bin ihr Vertreter und beanspruche die himmlischen Orte in ihrem Namen’“. (Spurgeon)
iii. Wenn Jesus der Vorläufer ist, sind wir die „Nachläufer“. Es gibt keinen Vorläufer ohne Nachläufer. Wir sollten Jesus mit aller Kraft nachfolgen und ihm nachlaufen. Er ist uns vorangegangen und er ist unser Vorbild.
d. Hinter den Vorhang (…) der Hoherpriester in Ewigkeit geworden ist nach der Weise Melchisedeks: Der Vergleich mit dem Tempel (hinter dem Vorhang) erinnert den Verfasser des Hebräerbriefes an seine Erläuterungen zum Thema „Jesus als unser Priester in Ewigkeit nach der Weise Melchisedeks“ (in Hebräer 5,6-10). Diese führt er nun im nächsten Kapitel fort.
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