Hebräer 5 – Jesus, ein Priester für immer
A. Unser mitleidender Hohepriester.
1. (1-4) Prinzipien des Priesterdienstes unter dem Gesetz Moses.
Denn jeder aus Menschen genommene Hohepriester wird für Menschen eingesetzt in dem, was Gott betrifft, um sowohl Gaben darzubringen als auch Opfer für die Sünden. Ein solcher kann Nachsicht üben mit den Unwissenden und Irrenden, da er auch selbst mit Schwachheit behaftet ist; und um dieser willen muss er, wie für das Volk, so auch für sich selbst Opfer für die Sünden darbringen. Und keiner nimmt selbst diese Ehre, sondern der [empfängt sie], welcher von Gott berufen wird, gleichwie Aaron.
a. Denn jeder aus Menschen genommene Hohepriester: Gott setzte das Priestertum und das Amt des Hohenpriesters zur Zeit Moses ein. Dies wird in 2.Mose 28 und den folgenden Kapiteln beschrieben. Der Verfasser des Hebräerbriefes fasst die Aufgaben des Hohenpriesters treffend zusammen indem er sagt: „um sowohl Gaben darzubringen als auch Opfer für die Sünden“. Die Hauptaufgabe des Hohenpriesters war es, entweder direkt, oder indirekt durch die ihm unterstellten Priester, dem Herrn zu opfern.
i. Der Ausdruck „Gaben als auch Opfer für die Sünden“ erinnert uns daran, dass nicht jedes Opfer ein Blutopfer war, die dargebracht wurden, um Erlösung von der Sünde zu erlangen. Viele der rituellen Opfer waren schlichte Gaben an Gott und sollten Dankbarkeit und den Wunsch nach Gemeinschaft ausdrücken.
b. Ein solcher kann Nachsicht üben: Idealerweise war der Hohepriester mehr als ein „Metzger“, der Tiere als Opfergaben schlachtete. Er übte Nachsicht mit den Unwissenden und Irrenden und brachte die erlösenden Opfer mit einem liebenden Herzen für das Volk dar. Der Idealvorstellung zufolge besaß der Hohepriester diese Nachsicht, weil er verstand, dass auch er mit Schwachheit behaftet war.
i. Gott gab spezielle Anweisungen, die dem Hohepriester helfen sollten, mit Nachsicht zu dienen. Das Brustschild des Hohenpriesters war mit zwölf Edelsteinen besetzt, auf denen die Namen der Stämme Israels eingraviert waren und auch auf den Schulterstücken waren Edelsteine mit den Namen der Stämme befestigt. Dadurch war das Volk Israel immer am Herzen und auf den Schultern des Hohenpriesters (2.Mose 28,4-30). Dies sollte den Hohepriester daran erinnern, nachsichtig zu sein.
c. Um dieser willen muss er, wie für das Volk, so auch für sich selbst Opfer für die Sünden darbringen:Gott gab besondere Anweisungen, die den Hohepriester in seinem Dienst daran erinnern sollten, dass auch er mit Schwachheiten behaftet war. Am Versöhnungstag musste der Hohepriester z.B. zuerst für sich selbst Opfer darbringen. Das sollte ihn und das Volk daran erinnern, dass auch er, genauso wie der Rest des Volkes Israel, Sünden begangen hatte, für die Versöhnung nötig war (3.Mose 16,1-6).
d. Und keiner nimmt sich selbst diese Ehre, sondern der [empfängt sie], welcher von Gott berufen wird, gleichwie Aaron:Der Hohepriester wurde aus der Gemeinschaft des Volkes Gottes berufen, aber er wurde nicht vom Volk Gottes erwählt. Er wurde von Gott für sein Volk eingesetzt. Das Prinzip ist hier, dass keiner sich selbst diese Ehre nimmt. Das Amt des Hohenpriesters war kein Amt, dass man anstreben oder für das man kandidieren konnte. Es wurde durch das Geburtsrecht vergeben und daher erwählte Gott. Es war eine Ehre, die sich niemand nehmen konnte.
i. Das wahre Priestertum und der Hohepriester entstammten einer bestimmten Abstammungslinie. Jeder Priester stammte von Jakob ab, dem Enkel Abrahams, dessen Namen später in Israel geändert wurde. Jeder Priester stammte von Levi ab , einem der Söhne Israels. Gott sonderte den Stamm Levi für sich selbst ab. Dieser Stamm sollte ihm dienen und ihn vor der ganzen Nation Israel vertreten (2.Mose 13,2 und 4.Mose 3,40-41). Levi hatte drei Söhne: Gerson, Kahat und Merari. Jede dieser drei Familien und ihre Nachkommen hatten ihre speziellen Pflichten. Die Familie Gersons sorgte für den Vorhang zwischen dem Allerheiligsten und dem Heiligtum, die Seile und die restlichen Vorhänge (4.Mose 3,25-26). Die Familie Kahats kümmerte sich um das Mobiliar der Stiftshütte, wie z.B. den Leuchter, die Altäre und die Lade (4.Mose 3,31-32). Die Familie Meraris sorgte für die Bretter und Säulen der Stiftshütte und des Vorhofs (4.Mose 3.36-37). Diese Familien waren keine eigentlichen Priester, obwohl sie Leviten waren. Das Priestertum selbst wurde durch Aaron, den Bruder Moses, aus der Familie Kahat, weitergegeben. Aarons Familie und seine Nachkommen stellten die Priester und den Hohepriester und damit alle, die in der Stiftshütte selbst dienen durften und Gott Opfer darbringen durften. Der Hohepriester war generell der älteste Sohn Aarons, es sei denn, er hatte sich selbst durch Sünde (wie Nadab und Abihu in 3.Mose 10,1-3) oder nach den Bestimmungen in 3.Mose 21 disqualifiziert. Die Priester wurden also nicht nach Beliebtheit erwählt, sondern von Gott eingesetzt und auch der Hohepriester konnte nicht durch Menschen eingesetzt werden.
ii. Es gibt furchtbare Fälle, in denen Menschen, die nicht Priester waren, sich anmaßten, wie Priester zu handeln, z.B.:
· Korah, der durch ein Erdbeben, das Gott gesandt hatte, verschluckt wurde (4.Mose 16).
· König Saul, der als König über Israel abgelehnt wurde (1.Samuel 13,11-14)
· Ussija, der im Tempel mit Aussatz geschlagen wurde (2.Chronik 26,16).
iii. Auch heute noch ist es uns verboten unser eigener Priester zu sein. Es ist sehr arrogant zu denken, wir könnten uns Gott aus uns selbst heraus nähern, ohne einen Priester. Aber es ist auch abergläubisch zu denken, wir bräuchten irgendeinen anderen Priester als nur Jesus Christus selbst. Gott gibt uns Jesus als Mittler und Priester und wir müssen den Priester nutzen, den Gott bereit stellt.
iv. „Ein Sünder kann sich nicht allein direkt an Gott wenden. Möglich ist dies nur durch einen Mittler, einen Priester, der das Wesen Gottes kennt und dessen Willen tut. Unser Wissen über die Menschheit seit dem Sündenfall beweist dies: keine Nation ist ohne Religion, ohne Tempel, ohne Anbetungsstätte oder ohne Priester“. (Poole)
2. (5-6) Jesus ist dazu qualifiziert unser Hohepriester zu sein.
So hat auch der Christus sich nicht selbst die Würde beigelegt, ein Hoherpriester zu werden, sondern der, welcher zu ihm sprach: „Du bist mein Sohn; heute habe ich dich gezeugt“. Wie er auch an anderer Stelle spricht: „Du bist Priester in Ewigkeit nach der Weise Melchisedeks“.
a. Christus hat sich nicht selbst die Würde beigelegt ein Hoherpriester zu werden: Jesus machte sich nicht selbst zum Hohepriester. Genauso, wie über ihn gesagt wurde, dass er der Sohn sei (in Psalm 2,7), wurde über ihn auch verkündet, dass er Priester in Ewigkeit sei (in Psalm 110,4).
i. Man kann leicht nachvollziehen, warum das Priestertum Jesu für die jüdischen Christen damals schwierig zu verstehen war. Jesus stammte nicht vom Geschlecht Aarons ab. Er hatte nie eine besondere Stellung im Tempel für sich beansprucht und eine solche auch nie ausgeübt. Er konfrontierte die religiösen Strukturen statt sich daran zu beteiligen. Zur Zeit Jesu war das Priestertum eine korrupte Institution. Das Amt des Hohenpriesters wurde durch Intrigen und politische Aktivitäten unter korrupten Leitern erlangt.
b. Heute habe ich dich gezeugt: Dies bezieht sich auf die Auferstehung Jesu von den Toten. In diesem Moment nahm er seine Rolle als unser großer Hohepriester völlig an, nachdem er zur Vollendung gelangt ist (Hebräer 5,9).
i. Jesu Auferstehung macht deutlich, dass er nicht ein Priester wie Aaron war, der zuerst Versöhnung für seine Sünden erlangen musste. Die Auferstehung rechtfertigte Jesus als den Heiligen des Vaters (Apostelgeschichte 2,24 und Apostelgeschichte 2,27), der den Zorn ertrug, den die Sünder verdienten, ohne selbst Sünder zu werden.
c. Priester in Ewigkeit: Das ist ein wichtiger Gegensatz. Das Priestertum Jesu ist (genauso wie Melchisedeks) unendlich, aber kein Hohepriester, der von Aaron abstammte, hatte jemals ein unendliches Priestertum ausgeübt.
i. Hebräer 7 stellt Jesus als Hohepriester nach der Weise Melchisedeks noch ausführlicher dar.
3. (7-11a) Das Mitgefühl Jesu, unseres Hohenpriesters.
Dieser hat in den Tagen seines Fleisches sowohl Bitten als auch Flehen mit lautem Rufen und Tränen dem dargebracht, der ihn aus dem Tod erretten konnte, und ist auch erhört worden um seiner Gottesfurcht willen. Und obwohl er Sohn war, hat er doch an dem, was er litt, den Gehorsam gelernt; und nachdem er zur Vollendung gelangt ist, ist er allen, die ihm gehorchen, der Urheber ewigen Heils geworden, von Gott genannt: Hoherpriester nach der Weise Melchisedeks. Über ihn haben wir viel zu sagen.
a. Sowohl Bitten als auch Flehen mit lautem Rufen und Tränen: Der Todeskampf Jesu im Garten Gethsemane (Matthäus 26,36-39; Lukas 22,44) beweist, dass er sich mit dieser Schwierigkeit des Gehorsams abmähte, aber trotzdem gehorchte er perfekt.
i. Das beantwortet auch die Frage: „Wie kann dieser verherrlichte, gekrönte Jesus wissen, was ich hier unten durchmache?“ Er weiß es; Gehorsam war für Jesus nicht immer leicht.
b. Bitten und Flehen: Das griechische Wort für Flehen ist hiketeria. Das Wort bedeutet: „ein Olivenzweig, der in Wolle gewickelt ist“ (Clarke). Einen solchen Zweig hielten die griechischen Anbeter in den Händen und schwenkten ihn als Zeichen ihrer verzweifelten Gebete und ihres Verlangens. Bedeutsamerweise geschah das Flehen Jesu in einem Garten voller Oliven und er stellte – als Lamm Gottes – die „Wolle“ zur Verfügung.
c. Und ist auch erhört worden um seiner Gottesfurcht willen: Jesus bat darum, dass der Kelch an ihm vorüber gehen möge (Lukas 22:42), und doch wurde der Kelch nicht von ihm genommen. Trotzdem wurde sein Gebet erhört, denn er betete nicht darum dem Willen seines Vaters zu entfliehen, sondern ihn annehmen zu können. Dieses Gebet wurde definitiv erhört.
d. Hat er doch an dem, was er litt, den Gehorsam gelernt: Obwohl Jesus Gott war und Gott ist, hat er trotzdem Gehorsam gelernt. Gott, der in der Herrlichkeit des Himmels thront, kann nur dadurch Gehorsamerfahren, dass er die Herrlichkeit des Himmels ablegt und sich selbst so demütigt wie Jesus es tat.
i. Jesus gelangte nicht von Ungehorsam zu Gehorsam. Er lernte Gehorsam durch tatsächliches Gehorchen. Jesus lernte nicht, wie man gehorcht. Er lernte, was Gehorsam beinhaltet.
ii. „Gehorsam ist ein Handwerk. Man muss so lange in der Lehre sein, bis man es erlernt hat, weil man sich diese Fähigkeit auf keine andere Art und Weise aneignen kann. Selbst unser gelobter Herr konnte Gehorsam nicht allein durch das Beobachten anderer erlernen, weil es niemandem gab, von dem er diese Art von Gehorsam hätte erlernen können“. (Spurgeon)
e. Hat er doch an dem, was er litt, den Gehorsam gelernt: Leiden diente dazu Jesus zu lehren. Wenn Leiden gut genug ist um den Sohn Gottes zu lehren, dürfen wir es als Werkzeug der Unterweisung in unserem Leben niemals verachten.
i. Manche sagen, dass wir durch Leiden lernen können, aber dass solche Lektionen nur Gottes zweitbeste Wahl sind und dass es seine eigentliche Absicht ist, uns nur durch sein Wort zu lehren, weil er uns niemals durch Anfechtungen und Leiden führen wollte. Aber Jesus war niemals der zweitbesten Wahl seines Vaters ausgesetzt.
ii. Die Bibel lehrt an keiner Stelle, dass starker Glaube einen Christen vor allem Leiden bewahrt. Christen sind zum Leiden bestimmt (1.Thessalonicher 3,3). Durch viele Bedrängnisse gehen wir in das Reich Gottes ein (Apostelgeschichte 14,22). Unser gegenwärtiges Leiden ist das Vorspiel zu unserer Verherrlichung (Römer 8,17).
f. Und nachdem er zur Vollendung gelangt ist, ist er allen, die ihm gehorchen, der Urheber ewigen Heils geworden: Jesu Erfahrung des Leidens – und seine anschließende Auferstehung – machten ihn vollkommen dazu geeignet, der Urheber (die Quelle, der Grund) unseres Heils zu sein.
i. Wenn eine Person stirbt und ein Erbe hinterlässt, kann dies manchmal nie den eingesetzten Erben ausgehändigt werden. Jesus starb, hinterließ ein Erbe und lebt ewig um sicherzustellen, dass sein Volk es erhält. Wie Spurgeon sagte: „Er starb und gab dadurch das Erbe frei, er stand auf, lebt und sorgt dafür, dass niemand einem seiner Geliebten den Erbteil rauben kann, den er ihnen hinterlassen hat“.
ii. Manche möchten nicht, dass Jesus der Urheber / Autor ihres Heils ist. Sie möchten ihre eigene Errettungsgeschichte schreiben, aber Gott wird sie nicht lesen. Nur Jesus kann der Urheber deines ewigen Heils sein.
g. Ist er allen, die ihm gehorchen, der Urheber ewigen Heils geworden:Dieses Heil wird auf alle, die ihm gehorchen, ausgedehnt. In diesem Sinne wird „alle, die ihm gehorchen“ gebraucht um die zu beschreiben, die an ihn glauben. Hier wird ganz simpel vorausgesetzt, dass Gläubige gehorchen.
h. Von Gott genannt: Hoherpriester nach der Weise Melchisedeks: Die Betonung wird wiederholt. Jesus ist ein Hohepriester, der von Gott nach der Weise Melchisedeks genannt ist (nicht durch persönliche Ambitionen).
i. Über ihn haben wir viel zu sagen: Das „viel zu sagen“ kommt später in Hebräer 7. Von hier an bis zum Ende von Hebräer 6 beschäftigt sich der Verfasser des Hebräerbriefes mit Problemen, von denen er glaubte, dass sie seine Leser davon abhielten, diese Wahrheit anzunehmen.
B. Eine Ermahnung zur Reife.
1. (11b) Ihre Trägheit im Hören wird aufgedeckt.
Und zwar Dinge, die schwer zu erklären sind, weil ihr träge geworden seid im Hören.
a. Weil ihr träge geworden seid im Hören: Das erklärt, warum der Verfasser sich nicht sofort intensiver mit dem Thema Melchisedek beschäftigt. Er wollte einige entscheidende Grundlagen ansprechen, bevor er sich komplizierteren Themen zuwandte, aber der geistliche Zustand seiner Leser machte sie schwer zu erklären.
i. Er befürchtete, dass die Auseinandersetzung mit Aaron, Melchisedek und Jesus für seine Leser zu akademisch und theoretisch war. Zur gleichen Zeit war ihm aber auch bewusst, dass dies mehr über seine trägenHörer als über die Botschaft aussagte. Sie war nicht zu kompliziert, sondern die Zuhörer waren träge geworden im Hören.
ii. Träge im Hören zu sein bedeutet nicht, ein Problem mit den Ohren zu haben, sondern ein Problem mit dem Herzen. Der Zuhörer ist nicht wirklich an dem interessiert, was Gott zu sagen hat. Das Wort Gottes nicht hören zu wollen weist auf ein echtes geistliches Problem hin. Es kann lt. Sprüche 28,9 sogar der Grund für nicht beantwortete Gebete sein: „Wer sein Ohr abwendet vom Hören auf das Gesetz, dessen Gebet sogar ist ein Greuel“.
iii. Diese Christen, die darüber nachdachten, Jesus aufzugeben, waren auch träge geworden im Hören. Die Trägheit kommt meist zuerst, gefolgt von dem Wunsch aufzugeben. Wenn das Wort Gottes beginnt langweilig zu erscheinen, sollten wir dies als ernsthafte Warnung ansehen.
b. Weil ihr träge geworden seid im Hören: Das Wort „geworden“ ist wichtig. Es zeigt an, dass sie nicht von Beginn an träge im Hören gewesen sind, sondern dass sie so geworden sind.
2. (12a) Ihr Mangel an Reife wird aufgedeckt.
Denn obgleich ihr der Zeit nach Lehrer sein solltet, habt ihr es wieder nötig, dass man euch lehrt, was die Anfangsgründe der Aussprüche Gottes sind.
a. Der Zeit nach: Gemessen an der Zeit, die sie schon Nachfolger Jesu waren, hätten sie viel reifer sein sollen als sie in Wirklichkeit waren.
b. Obgleich ihr Lehrer sein solltet: Dies waren keine besonderen Menschen, die besondere Lehrpositionen einnehmen sollten. Stattdessen sollten sie Lehrer sein, so wie jeder Christ ein Lehrer sein sollte.
i. Auf gewisse und wichtige Art und Weise muss jeder Christ ein Lehrer sein, weil wir alle dabei helfen können, andere näher zu Jesus zu führen. Wir beherrschen erst dann etwas wirklich, wenn wir es effektiv an jemand anderen weitergegeben haben. Lehren ist der letzte Schritt des Lernens.
c. Habt ihr es wieder nötig, dass man euch lehrt, was die Anfangsgründe der Aussprüche Gottes sind: Das gereicht ihnen nicht zur Ehre. Die Anfangsgründe sind nicht unter der Würde eines reifen Christen. Es bedeutet vielmehr, dass jeder in der Lage sein sollte sich selbst zu lehren und sich selbst an die Anfangsgründe der Aussprüche Gottes zu erinnern.
3. (12b-14) Ein Kontrast zwischen Milch und fester Speise.
Und ihr seid solche geworden, die Milch nötig haben und nicht feste Speise. Wer nämlich noch Milch genießt, der ist unerfahren im Wort der Gerechtigkeit; denn er ist ein Unmündiger. Die feste Speise aber ist für die Gereiften, deren Sinne durch Übung geschult sind zur Unterscheidung des Guten und des Bösen.
a. Und ihr seid solche geworden, die Milch nötig haben: Milch entspricht den Grundlagen aus Hebräer 5,12. Feste Speise ist das „fleischigere“ Material wie z.B. das Verständnis über die Verbindung zwischen Jesus und Melchisedek. Es ist nicht so, dass Milch schlecht ist, aber diese Christen hätten auch feste Speise zu sich nehmen sollen. Petrus erinnert uns daran, dass wir „als neugeborene Kindlein begierig nach der unverfälschten Milch des Wortes (sein sollen), damit ihr durch sie heranwachst“ (1.Petrus 2,2).
b. Denn er ist ein Unmündiger: Im Griechischen bedeutet dieser Ausdruck ‚er ist zum Baby geworden’. Es gibt nichts Entzückenderes als ein wahres Baby in Jesus. Aber es gibt auch nichts Irritierenderes oder Deprimierenderes als jemand, der schon erwachsen sein sollte, aber zum Baby geworden ist.
i. Bist du ein Baby geworden? Vielleicht ist dein Leben als Christ unbeständig. Babys werden von einer Person zur anderen gereicht und geistliche Babys „werden hin- und hergeworfen und umhergetrieben von jedem Wind der Lehre“ (Epheser 4,14-16).
ii. Bist du ein Baby geworden? Vielleicht stiftest du in deinem Leben als Christ Uneinigkeit? Jedes Baby hat sein eigenes Bettchen, an das es sich klammert und das es nicht teilen oder tauschen will. Geistliche Babys haben ihre bestimmte Gemeindeform, die sie als „meine Gemeinde“ bezeichnen.
iii. Bist du ein Baby geworden? Vielleicht bist du fasziniert von christlichen Berühmtheiten der einen oder anderen Art. Babys sind auf eine bestimmte Person (Ihre Mutter) konzentriert und geistliche Babys verherrlichen Menschen („Ich gehöre zu Paulus! – Ich aber zu Apollos! – Ich aber zu Kephas!“ 1.Korinther 1,12).
iv. Bist du ein Baby geworden? Vielleicht ist dein geistliches Leben eingeschlafen. Babys brauchen viel Schlaf und auch geistliche Babys verbringen viel Zeit mit schlafen.
v. Bist du ein Baby geworden? Vielleicht bist du anderen gegenüber pingelig und launisch. Babys können launisch sein und geistliche Babys sind auch bei Kleinigkeiten pingelig.
c. Ist unerfahren im Wort der Gerechtigkeit: Unmündige verraten sich selbst, weil sie unerfahren im Wort der Gerechtigkeit sind. Wir erwarten nicht, dass taufrische Christen im Wort der Gerechtigkeiterfahren sind, wer aber schon länger Christ ist, sollte es sein.
d. Deren Sinne durch Übung geschult sind zur Unterscheidung des Guten und des Bösen:Unsere Sinne sind geschult (durch Übung und Gewohnheit ausgebildet) zur Unterscheidung des Guten und des Bösen (hauptsächlich lehrmäßig, nicht so sehr im moralischen Sinn). Unsere Sinne werden geschult, wenn wir sie nutzen. Wenn wir uns dazu entscheiden, die Fähigkeit zur Unterscheidung zu nutzen, reifen wir.
i. Diese Christen zeigten ihre Unreife durch ihren Mangel an Unterscheidungsfähigkeit zwischen Gut und Böse und durch ihre Überlegungen, Jesus aufzugeben. Ein reifer Christ zeichnet sich durch seine Unterscheidungsfähigkeit und seine unerschütterliche Hingabe an Jesus Christus aus.
ii. Vincent über „Gut und Böse“: „Nicht moralisch Gut oder Böse, sondern gesunde und verdorbene Lehre. Die logische Schlussfolgerung ist, dass der Leser in einem Zustand ist, der es ihm nicht erlaubt, diese Unterscheidung zu treffen“.
iii. Die Fähigkeit zur Unterscheidung ist ein kritischer Maßstab der geistlichen Reife. Babys nehmen alles in den Mund. Geistliche Babys sind schwach darin, geistliche Dinge voneinander zu unterscheiden und akzeptieren alle geistliche Nahrung.
e. Deren Sinne durch Übung geschult sind: Man kann sagen, dass alle fünf menschlichen Sinne ihr geistliches Gegenstück haben.
i. Wir haben einen geistlichen Geschmackssinn: „Wenn ihr wirklich geschmeckt habt, dass der Herr freundlich ist“ (1.Petrus 2,3). „Schmeckt und seht, wie freundlich der HERR ist“ (Psalm 34,9).
ii. Wir haben einen geistlichen Gehörsinn: „Hört, so wird eure Seele leben!“ (Jesaja 55,3). „Wer ein Ohr hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!“ (Offenbarung 2,7)
iii. Wir haben einen geistlichen Sehsinn: „Öffne mir die Augen, damit ich sehe die Wunder in deinem Gesetz“ (Psalm 119,18). „Erleuchtete Augen eures Verständnisses [Herzens]“ (Epheser 1,18).
iv. Wir haben einen geistlichen Geruchssinn: „Ich bin völlig versorgt, seitdem ich (…) eure Gabe empfangen habe, einen lieblichen Wohlgeruch“ (Philipper 4,18).
v. Wir haben einen geistlichen Tastsinn: „Weil dein Herz weich geworden ist und du dich vor dem HERRN gedemütigt hast“ (2.Könige 22,19). „Wegen der Verhärtung ihres Herzens, die, nachdem sie alles Gefühl verloren haben, sich der Zügellosigkeit ergeben haben“ (Epheser 4,18-19).
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